Rückkehr an die Akademie der Wissenschaften? Heinz Faßmann.

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Für Heinz Faßmann wäre es eine Rückkehr an einen zentralen Ort seiner wissenschaftlichen Karriere: Der seit Dezember gewesene Bildungsminister hat sich als Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) beworben. Dieser gehört der Geograf nicht nur als Mitglied der philosophisch-historischen Klasse seit 2000 an. Bis zu seinem Einstieg in die Politik Ende 2017 war der damalige Professor der Uni Wien auch Direktor am ÖAW-Institut für Stadt- und Regionalforschung. Eine Funktion, die er für seine Zeit als parteifreier Minister ruhend gestellt hat.

Drei Wissenschafter kandidieren

Neben Faßmann präsentierten sich vorigen Freitag auch der frühere Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien und Geochemiker Christian Köberl sowie der Romanist Michael Rössner, der bis 2021 Direktor des ÖAW-Instituts für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte war, der ÖAW-Gesamtsitzung als Nachfolger für Quantenphysiker Anton Zeilinger.

Gewählt wird der neue ÖAW-Präsident Mitte März mit absoluter Mehrheit für fünf Jahre von den wirklichen Mitgliedern plus je 16 durch Wahl bestimmte korrespondierende Mitglieder im Inland sowie der Jungen Akademie. Amtsantritt ist Juli.

Mit der Kandidatur Faßmanns ergibt sich nun erstmals die Konstellation, dass sich ein Ex-Minister für die Leitung der Akademie bewirbt. Faßmann hat der ÖAW ein Budgetplus von 61 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2023 beschert – und war dann plötzlich von heute auf morgen nicht mehr Minister.

Schiefe Optik? Cooling-off-Phase? De facto Berufsverbot?

Ist das jetzt eine schiefe Optik? Oder ein zufälliger Bewerbungsvorteil aus einer Zeit, in der nicht ansatzweise absehbar war, dass die ÖAW-Kandidatur Thema werden könnte? Womöglich Anlass, um allgemein über eine Cooling-off-Phase für Politiker beim Jobwechsel nachzudenken – oder wäre das de facto ein Berufsverbot?

Der Vorsitzende der Findungskommission, Hans Tuppy, kennt die Situation andersrum: Der Biochemiker war seit 1985 ÖAW-Präsident, als ihn 1987 der Ruf der ÖVP ereilte, Wissenschaftsminister zu werden, wofür er das ÖAW-Amt auch aufgab. Im STANDARD-Gespräch verwies er wie mehrere andere ÖAW-Mitglieder auf die Vertraulichkeit der Vorstellungsrunde mit den drei Präsidentschaftskandidaten.

Gefragt, ob das jetzige Szenario geeignet sei für eine Cooling-off-Debatte, sagte Tuppy: "Für mich persönlich ist das kein Thema und kein Problem, auch in Anbetracht der Persönlichkeit Faßmanns. Man kennt ihn, er war lange Leiter eines ÖAW-Instituts."

Eine andere Vertreterin aus der ÖAW meinte, ebenfalls vom aktuellen Anlass getrennt: "Abstrakt gesprochen ist das natürlich ein Thema, aber ich bin immer vorsichtig mit Ad-hoc-Entscheidungen, wenn es dafür kein Regelsystem gibt."

Veraltete Strukturen aufbrechen

Die Frage der "Optik" in diesem zeitnahen Wechselkontext aus der Politik sieht auch der Mathematiker Peter Markowich. Beim Telefonat aus Saudi-Arabien, wo er an der King Abdullah University of Science and Technology lehrt, sagt er: "Wenn ich jetzt wählen müsste, würde ich aus fachlichen Gründen Faßmann wählen, obwohl ich bekannterweise nicht mit allen Entscheidungen, die er als Minister in der Covid-Krise getroffen hat, einverstanden war."

Viel wichtiger als die vergangene Regierungspolitik ist für Markowich die zukünftige ÖAW-Politik: "Leider ist das in Österreich eine Art Ruhestandsjob. Der neue Präsident müsste endlich die veraltete Organisation angehen und die zwei unvereinbaren Bereiche – hier Gelehrtengesellschaft, dort Führungsorganisation von wissenschaftlichen Instituten – entkoppeln. Jetzt ist er quasi der CEO von vielen Forschungsinstituten und nebenbei der Vorsitzende einer Gelehrtengesellschaft. Das geht halt nicht." (Lisa Nimmervoll, 4.2.2022)