Emmanuel Macron wird von Gegnern oft vorgehalten, er habe etwas Abgebrühtes, Gefühlskaltes. Mag sein – aber bei seinem Treffen mit Wladimir Putin am Montag in Moskau waren diese Eigenschaften eher ein Vorteil. In Paris erinnert man sich mit Schrecken, wie der frisch gekürte Präsident Nicolas Sarkozy am G8-Treffen von 2007 den russischen Präsidenten wegen der Menschenrechte in die Mangel nehmen wollte – und von Putin so abgeputzt wurde, dass er nach dem Gespräch wie betrunken zur Pressekonferenz torkelte.

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Emmanuel Macron bei seinem Treffen mit Wladimir Putin am Montag in Moskau.
Foto: AP/Sputnik

Macron sollte clever genug sein, um sich von dem Kreml-Herrscher nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Putin versucht seit Wochen, einen Keil in die transatlantische Einheit zu treiben. Doch Macron ist sich der Gefahr bewusst und äußert sich derzeit sehr vorsichtig zur Nato, die er früher einmal als "hirntot" bezeichnet hatte.

Zugleich sucht er ganz pragmatisch das Gespräch mit Moskau: erstens, weil sich nur so ein Krieg verhindern lasse, wie er sagt, und zweitens, weil er als aktueller EU-Ratsvorsitzender auch die Stimme Europas einbringen und sie den beiden Supermächten des Kalten Krieges in Erinnerung rufen kann.

Bei aller wahlpolitischen Selbstinszenierung hat Macron recht, Putin eine sehr pragmatische, schrittweise Deeskalation an den ukrainischen Grenzen vorzuschlagen. Der Erfolg der Unternehmung steht in den Sternen. Denn ob in Europa wieder Krieg ausbricht, hängt letztlich nur von Putin ab. (Stefan Brändle, 7.2.2022)