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Kinder-Medien-Multi Thomas Brezina ist der "kreative Kopf" seiner Unternehmen. Mit den umstrittenen "Schmalz"-Kalkulationen habe er "keinerlei Berührungspunkte", lässt seine Firma ausrichten.

Foto: Starpix / Picturedesk.com

Ende Jänner veröffentlichte DER STANDARD interne Kalkulationen der Tower 10 Kids TV, jener Filmproduktionsfirma Thomas Brezinas, die einen Großteil des ORF-Kinderprogramms produziert. In den Dokumenten schienen für die Jahre 2014 bis 2017 Beträge in der Höhe von rund 1,4 Millionen Euro auf, die einer Spalte namens "Schmalz" zugeordnet waren.

Über deren Verwendung geben die Dokumente keine weitere Auskunft. Die Tower 10 Kids TV und der ORF betonten, keine Unregelmäßigkeiten festgestellt zu haben.

Dokumente, die dem STANDARD vorliegen, werfen ein neues Licht auf die bisherigen Erklärungen für die umstrittenen Kalkulationen. Ein bislang unbekannter ORF-Vertrag mit einem weiteren Brezina-Unternehmen zeigt zudem, wie viel sich der ORF die Marke Brezina kosten lässt.

"Gedankenspiele"?

Der ORF bezeichnete die Kalkulationen als "Gedankenspiele" und "Annahmen" des damaligen Geschäftsführers. Ähnliche Worte fand der derzeitige Geschäftsführer der Produktionsfirma, Bernhard Trenz: Die Kalkulationen seien "Gedankenspiele" aus einer "frühen Phase". Es seien "Kosten, die noch nicht definiert waren", erklärt Trenz die Spalte auf erneute Nachfrage.

Im Versionsverlauf der internen Kalkulationen bleiben die "Schmalz"-Spalten allerdings befüllt. Auch gegen Jahresende, also bei oder kurz vor Vertragsabschluss mit dem ORF für das jeweils kommende Jahr, sind noch "Schmalz"-Beträge zu finden. Teils ist deren Summe größer als in früheren Versionen des jeweiligen Jahres.

Trenz kann weiterhin nur mutmaßen, worum es sich bei den "Schmalz"-Beträgen handle. Er habe alle Unterlagen, Zahlungsflüsse und Bilanzen der Firma vor seiner Zeit geprüft und könne "mit ruhigem Gewissen" sagen, dass alles in Ordnung sei: "Alles Geld, das wir jemals vom ORF bekommen haben, ist dem Kinderprogramm zugutegekommen". Die Titulierung "Schmalz" sei vom damaligen Geschäftsführer schlicht "unglücklich" gewählt, aber nicht mehr. Anders wären sich die Produktionen nicht ausgegangen, sagt Trenz. Tatsächlich kürzt der ORF das Budget für das Kinderprogramm seit Jahren.

"Kein Fass ohne Boden"

In einigen Versionen der Produktionskalkulationen für das Jahr 2017 ist ein Dialog festgehalten. Über der "Schmalz"-Kalkulation findet sich auf demselben Tabellenblatt eine weitere Gesamtkalkulation, neben dieser steht in roter Farbe: "-> Ziel 6 %!!!". Daneben unter anderem: "NO GOOOOO" und "Das ist kein Fass ohne Boden".

Wer hier mit dem Gesamtkostenplan, der auf den "Schmalz"-Kalkulationen beruht, augenscheinlich nicht zufrieden war und wer diesen verteidigt hat, lässt sich nicht mehr gesichert rekonstruieren. Allerdings legt der Dialog die Vermutung nahe, dass mehr als nur eine Person über die Bezeichnung "Schmalz" Bescheid wusste.

Eigentümerin der Tower 10 Kids TV ist jedenfalls die Privatstiftung Brezinas. Thomas Brezina selbst habe laut Trenz aber "keinerlei Berührungspunkte" mit den Zahlen seiner Unternehmen. Er sei nur der "kreative Kopf".

Der damalige Geschäftsführer reagierte bislang auf keine Anfrage. Der ORF und die Produktionsfirma ließen Fragen zu diesem Dialog unbeantwortet.

Ende Jänner teilte der ORF noch mit, dass er die Produktionskalkulationen bereits mehrmals geprüft habe und alle Positionen nachvollziehbar seien. Ob der ORF sein Recht auf Belegeinsicht wahrgenommen hat, wurde nicht beantwortet. Auf erneute Nachfrage wolle man keine weitere Stellungnahme zu den Dokumenten abgeben — "solange die entsprechende interne Prüfung läuft", hieß es.

Brezina exklusiv für ORF

Ein weiterer ORF-Vertrag mit der Tom Storyteller GmbH, einer jener Firmen Brezinas, die auch im Eigentum seiner Stiftung sind, zeigt, wie viel die Marke Brezina den Öffentlich-Rechtlichen kostet. Zwischen 2019 und 2021 zahlte der ORF laut dem vorliegenden Vertrag 111.000 Euro, um sich die exklusiven Rechte an Thomas Brezina im Bereich Kinderfernsehen zu sichern.

Laut Vertrag bezahlt der ORF die Tom Storyteller GmbH seit 2010 für die Weiterentwicklung des ORF-Kinderprogramms. Mit diesem Vertrag werden auch Leistungs- und Nutzungsrechte an den entwickelten Formaten pauschal abgegolten.

Weder der ORF noch die Verantwortlichen der Brezina-Firma wollten den Vertrag kommentieren. (Laurin Lorenz, 11.2.2022)