In der US-Fastfood-Kette Caliburger hilft seit einiger Zeit Flippy aus. Flippy ist kein Mitarbeiter aus Fleisch und Blut, sondern ein Industrieroboter. Er schwenkt Pommes in der Fritteuse, wendet Burgerfleisch auf dem Grill und legt es in Brötchen. 23 Stunden am Tag, ohne Pause. Der Roboter wird weder müde noch krank, er fordert keine Lohnerhöhung und streikt auch nicht. Dafür ist er umso produktiver: Der Automat, der vom US-Robotikhersteller Miso Robotics gefertigt wird, soll bis zu 300 Burger am Tag zubereiten können.

Zwar sind die Anschaffungskosten mit 30.000 Dollar nicht ganz billig, und auch die monatlichen Lizenzgebühren für die Software in Höhe von 2.000 Dollar müssen erst einmal erwirtschaftet werden. Doch auf die Arbeitsstunde gerechnet ist der Roboter günstiger als eine menschliche Arbeitskraft. Drei Dollar Stundenlohn kostet der Automat, wenn er unter Vollauslastung läuft. Je niedriger der Verkaufspreis, desto schneller amortisiert sich die Investition.

Eine vielzitierte Studie der Oxford-Ökonomen Carl Benedikt Frey und Michael Osborne aus dem Jahr 2013 ("The Future of Employment") kommt zu dem Ergebnis, dass in den nächsten Jahren bis zu 47 Prozent aller Jobs in den USA automatisiert werden könnten. In ihrer Untersuchung listen die Forscher über 700 Berufe auf. Köche in Fastfood-Restaurants haben demnach ein sehr hohes Risiko, durch Maschinen ersetzt zu werden – es ist ähnlich hoch wie das von Fernfahrern oder Postsortierern.

Ist der burgerwendende Flippy der Anfang vom Ende von Millionen Jobs in der Gastronomie? So einfach ist es nicht.
Foto: Ringo Chiu

Ausgestorbene Berufe

Vor allem Geringqualifizierte tragen ein hohes Automatisierungsrisiko. Doch nur, weil jetzt die ersten Roboter am Grill stehen, bedeutet das nicht, dass Köche von heute auf morgen arbeitslos werden. Technologische Arbeitslosigkeit hat es in der Geschichte des Kapitalismus immer wieder gegeben. Berufe wie Wagner, Küfer oder Harzer (der bezog keine Transferleistungen, sondern sammelte Baumharz im Wald) sind längst ausgestorben. Trotzdem haben diese Leute Arbeit in anderen Wirtschaftszweigen gefunden.

Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey zeigt, dass seit der industriellen Revolution die Beschäftigung auf dem US-Arbeitsmarkt in fast allen Sektoren zugenommen hat (mit Ausnahme der Landwirtschaft, wo über die Hälfte der Arbeitsplätze durch Landmaschinen wegfiel). Der Fachkräftemangel macht deutlich, dass es an Arbeit nicht fehlt, im Gegenteil.

Und es ist auch gar nicht ausgemacht, ob die Maschine der bessere Koch oder Taxifahrer ist. Der erste Autopilot für Flugzeuge wurde 1912 entwickelt, als die Luftfahrt noch in den Kinderschuhen steckte. Trotzdem sitzen heute noch immer Piloten aus Fleisch und Blut im Cockpit. Sie können auf unvorhersehbare Ereignisse viel besser reagieren als ein Computer.

Mehr Arbeit statt weniger

Von den 271 Berufen, die das US Census Bureau, das Statistikamt der USA, 1950 aufgelistet hat, ist lediglich einer infolge der Automatisierung verschwunden: Aufzugführer. Darauf hat der amerikanische Ökonom James E. Bessen in einem wirtschaftshistorischen Aufsatz ("How Computer Automation Affects Occupations: Technology, Jobs, and Skills") hingewiesen. Andere fielen wegen fehlender Nachfrage oder "technologischer Obsoleszenz" weg – zum Beispiel Telegrafisten. Auch die Telefonisten, die einst in Telefonzentralen Kabel an Schalttafeln stöpselten und damit eine Verbindung herstellten, gibt es nicht mehr. Dafür aber Millionen Jobs in Callcentern.

Die Automatisierung, genauer gesagt: die Computerisierung, führt somit nicht zu weniger, sondern zu mehr Arbeit. Bestes Beispiel: Textverarbeitungsprogramme. Seit ihrer Einführung ist die Zahl der Stenokontoristen zurückgegangen. Der Schreibaufwand ist dagegen massiv gestiegen. Hier ein Formular, dort ein neuer Handyvertrag – ständig muss man irgendetwas ausfüllen. Selbst Manager müssen in die Tasten greifen und Texte tippen, wenn sie keinen Schreibroboter haben. Bessen spricht von einem "Automatisierungsparadoxon". Und das manifestiert sich auch im Bankensektor: Als in den 1960er-Jahren die ersten Geldautomaten aufgestellt wurden, war die Sorge groß, dass die Maschine den Menschen ersetzen würde. Tat sie aber nicht. Die Zahl der Bankangestellten ist seitdem gestiegen.

Unsichtbare Jobs

Zwar führen Computerprogramme nicht mehr nur stupide Rechenaufgaben aus, sondern durchaus auch anspruchsvolle Tätigkeiten wie etwa das Portfoliomanagement von Aktien. Doch selbst hochleistungsfähige KI-Systeme, die sich Dinge eigenständig beibringen, sind nach dem Datentraining noch immer auf die Unterstützung des Menschen angewiesen. So lagern Tech-Konzerne zahlreiche Mikroaufgaben an Crowdworker auf der ganzen Welt aus. In Venezuela labeln hunderttausende Vertragsarbeiter Daten für autonome Fahrzeuge. In Indien prüfen Freiberufler die Passfotos von Uber-Fahrern. Und in Kolumbien steuern Studenten Lieferroboter auf dem Campus der University of California in Berkeley. So vollautonom, wie die Roboter daherkommen, sind sie nicht. Dahinter steckt immer noch ein Mensch. Man sieht ihn nur nicht. Geisterarbeit nennen Mary L. Gray und Siddharth Suri diese Arbeitsform in ihrem Buch Ghost Work.

Ein Roboter muss oft mühsamer eingelernt werden als eine menschliche Aushilfe. Auch Flippy benötigte anfangs Unterstützung beim Burgerbraten. Nachdem der Zubereitungsroboter mit den Bestellungen überfordert war, zog ihn die Fastfood-Kette Caliburger 2018 kurzzeitig aus dem Verkehr. Ein Hotel in Japan hat vor ein paar Jahren sogar die Hälfte seiner Roboter wieder entlassen – sie waren ineffizient und nervten die Gäste. (Adrian Lobe, 14.2.2022)