Allein vor dem Bildschirm, kaum persönlicher Kontakt zu Kolleginnen und Vorgesetzten und weniger Möglichkeiten, sich mit anderen auszutauschen: Obwohl sich hybride Arbeitsformen insgesamt großer Beliebtheit erfreuen, bieten sie nicht nur Vorteile. Die Sorge, im Homeoffice weniger sichtbar zu sein, treibt viele um.

Vor allem junge Menschen befürchten, dass sich das Arbeiten in den eigenen vier Wänden negativ auf ihre Karriere auswirken könnte. Das zeigt eine Umfrage des beruflichen Netzwerks Linkedin unter mehr als 1.000 Personen in Deutschland. Gründe hierfür sind sowohl die Vermutung, dass sie dadurch weniger Kontakt zu ihren Vorgesetzten haben und von diesen bei Beförderungen übergangen werden, als auch fehlende Möglichkeiten, von Kolleginnen und Kollegen zu lernen.

Bedeutet weniger Kontakt zur Führungskraft auch geringere Aufstiegschancen? Diese Sorge beschäftigt vor allem die Jungen im Homeoffice.
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Untersuchungen legen außerdem nahe, dass die Karrieren von Frauen deutlich öfter durch die Arbeit im Homeoffice gefährdet sind. Weibliche Beschäftigte, die zusätzlich zu ihrem Job auch einen großen Anteil der Sorgearbeit übernehmen, könnten demnach bei anstehenden Beförderungsrunden leer ausgehen, weil männliche Kollegen zuletzt präsenter waren.

Bleibt die soziale Interaktion auf der Strecke, fällt es vielen Beschäftigten schwer, Netzwerke aufzubauen und auf sich aufmerksam zu machen. Doch wie verhindert man, dass das Homeoffice zur Karrierebremse wird? Damit die Chancen für Mitarbeitende in den eigenen vier Wänden nicht schwinden, können sowohl Beschäftigte als auch Führungskräfte Schritte setzen, sagt Gabriel Schandl, Unternehmensberater und Rhetoriktrainer.

Mehr Kommunikation

Ein Problem, das laut Schandl nun häufig auftreten würde: Lob gerät in der digitalen Kommunikation schnell in den Hintergrund. Dabei sei das beim Arbeiten auf Distanz besonders wichtig, um Beschäftigten zu zeigen, dass ihre Arbeit gesehen und wertgeschätzt wird. Firmen rät er deshalb beispielsweise einen eigenen Online-Channel einzurichten, um Erfolge zu teilen und gemeinsam zu feiern.

Aber auch in kleinerer Runde sollte positives Feedback ein Fixpunkt in der Agenda sein. Dafür reichen schon fünf bis zehn Minuten zu Beginn eines virtuellen Meetings. Wie auch sonst gilt: Lob vor dem Team, Kritik unter vier Augen. Es gehe aber nicht nur darum, Mechanismen aus der Offline-Arbeitswelt ins Digitale zu übertragen, sagt Schandl. Denn Remote Work brauche in vielen Bereichen mehr Kommunikation statt weniger, gerade wenn Teams sowohl im Büro als auch von zu Hause aus arbeiten. Für die erfolgreiche Zusammenarbeit sei vor allem Transparenz entscheidend. Ziele und Erwartungen sollten von Vorgesetzten klar kommuniziert werden, zudem sollte immer die Arbeitsleistung im Vordergrund stehen – nicht die Präsenz.

Sichtbarkeit schaffen

Um als Beschäftigte auch im Homeoffice auf sich aufmerksam zu machen, rät Schandl zu diesen vier Aktionen:

  1. Mit Qualität überzeugen: Dass wir zu Hause genauso oder noch produktiver arbeiten können, belegen einige Studien. Wer gute Leistung erbringt, kann also auch im Homeoffice überzeugen.
  2. Erwartungen übertreffen: Strebt man den nächsten Karriereschritt an, braucht es gute Argumente. Mehr Verantwortung, neue Projekte oder hochzufriedene Kundinnen und Kunden können Beispiele für übertroffene Erwartungen sein.
  3. Das Gespräch suchen: Im Homeoffice mehr zu kommunizieren, gilt auch für Beschäftigte. Suchen Sie regelmäßig das Gespräch mit Ihrer Führungskraft und fordern Sie aktiv Feedback zu Ihrer Arbeit ein.
  4. Tu Gutes und rede darüber: Dieser Grundsatz gilt laut dem Experten nicht nur für das Marketing, sondern auch für das Selbstmarketing. Trauen Sie sich ruhig, Ihre Leistung und Erfolge gegenüber Ihren Vorgesetzten anzusprechen.

(dang, 2.3.2022)