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Sie sind in der absoluten Minderheit: Frauen in der Informatik. Um das zu ändern, braucht es noch einiges.

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Ob sie sich sicher sei, dass sie das Richtige studiert habe, habe sie ihre Mutter bei der Sponsion gefragt. Denn unter den Absolventinnen und Absolventen waren fast nur Männer, erzählt Margit Pohl. "Meine Mutter sagte, dass das wohl schwierig für mich werden würde."

Heute ist Pohl Professorin an der Technischen Universität (TU) Wien und Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen. Dort hat sie es mit ebenjenen Schwierigkeiten zu tun, mit denen sie selbst in ihrer Laufbahn konfrontiert war. Auf welche welchen Hürden stoßen Frauen, die in die Informatik wollen? Wieso entscheiden sich nach wie vor so wenige dafür?

Derzeit beträgt der Frauenanteil im Informatikstudium an der TU Wien knapp 17 Prozent. Im Fach Softwareengineering studieren aktuell rund zwölf Prozent Frauen. Zahlen, die sich seit längerem kaum verändert haben, sagt Pohl. Das habe zum einen damit zu tun, dass es immer noch viele Klischees in den Köpfen der Menschen gibt: Der klassische ITler ist männlich und sieht aus wie die Charaktere in der beliebten Sitcom The Big Bang Theory.

Frauen wird der Beruf offenbar seltener zugeordnet und auch oft nicht zugetraut. Jene, die es doch in die Informatik wagen, bekämen es mitunter mit Vorurteilen zu tun, weiß Pohl. "Es gibt angeblich immer noch Kollegen, die zögerlich sind, wenn es darum geht, Bachelorarbeiten von Frauen zu betreuen." In Vorlesungen würden immer noch frauenfeindliche Bemerkungen fallen und Beispiele verwendet, die frauenfeindlich sind.

Schwer vereinbar

Aber es seien auch die Arbeitsbedingungen, die einige Frauen abschrecken. "Man muss in der Softwareindustrie immer irgendwelchen Deadlines nachlaufen und oft bis elf oder zwölf in der Nacht programmieren. Mit einer Familie ist das natürlich nur schwer vereinbar", erklärt Pohl.

Eine weitere Ursache für die wenigen Frauen in der Branche ist schon länger bekannt: die Erziehung. Mit Buben wird immer noch eher gebaut und geschraubt, mit Mädchen eher Puppen gespielt oder gemalt. Damit sie sich auch für Technik begeistern, müsse man sie früh daran heranführen, sagt Pohl und erzählt von ersten Projekten, in denen Mädchen das Coden lernen.

Solche Programmier-Camps seien gute Initiativen, die es auch in der Schule brauche. Informatiklehrerinnen und -lehrer müssten zudem auf die Genderproblematik sensibilisiert werden, am besten schon während ihrer Ausbildung.

Mehr Austausch

Im Studium selbst brauche es ebenfalls mehr Anreize für Frauen. Pohl ist überzeugt, dass mehr Frauen dafür begeistert werden könnten, "indem man den Anwendungsaspekt stärker in den Mittelpunkt stellt und auch auf soziale Komponenten eingeht". Sie würde zudem gerne im Studienplan Vorlesungen finden, wo die Diskriminierung von Frauen in der Branche thematisiert und so besprechbar gemacht wird.

Auch Netzwerke könnten jungen Informatikerinnen helfen. Denn durch den Austausch würden sie sehen, dass die ungleiche Behandlung nichts mit ihnen zu tun hat, sondern ein strukturelles Problem ist. Blöde Kommentare kratzen dann vielleicht weniger am Selbstwertgefühl. Netzwerke bieten zudem Fürsprecherinnen, Mentoren, Menschen, die einem gut zureden und für einen eintreten.

Andere Arbeitszeiten

Im Job brauche es schließlich geregeltere Arbeitszeiten, damit er für Frauen attraktiver wird. "Derzeit ist es so, dass Frauen, die Informatik studieren und eine Familie gründen wollen, eher zu großen Firmen und Banken gehen." Denn dort gebe es eher die Möglichkeit, nine to five zu arbeiten und pünktlich Schluss zu machen, um die Kinder abzuholen. Gleichzeitig sei dort aber der Verdienst geringer und die Karrierechancen schlechter.

Was sie jungen Frauen raten würde? "Sie sollen an sich glauben und sich nicht abschrecken lassen. Sie können das genauso gut", sagt Pohl. Männer würden sehr viel stärker an sich selbst glauben – was natürlich nicht bedeute, dass sie tatsächlich besser sind. Wer als Frau also das Gefühl hat, den eingeschlagenen Weg nicht zu schaffen, solle sich bewusst machen, "dass die Männer auch nur mit Wasser kochen". (Lisa Breit, 21.2.2022)