Athos (Luka Vlatkovic), Porthos (Martin Peñaloza Cecconi) und Aramis (Runa Schymanski): Solidarität gegen Probleme.

Foto: Marcel Urlaub / Volkstheater

Nicht nur die Werber der Bundesregierung haben die Musketiere als Sujet für die Krisenbekämpfung gefunden: drei Musketiere, drei Teilimpfungen. Auch das Volkstheater hält die 1844 von Alexandre Dumas erfundenen Freunde als Solidaritätssymbol hoch. "Einer für alle, alle für einen", heißt es auf der Bezirkstour des Stücks Musketiere. Bekämpft wird aber nicht Corona, zur Reunion nach einem Jahr des Auseinanderlebens der Degenfechter kommt es aus Eigeninteresse: Sie brauchen einander. Ihre Probleme sind jugendpsychologischer Natur.

Athos (Luka Vlatkovic) leidet als in Luxus aufgewachsenes Trennungskind nachhaltig unter Minderwertigkeitskomplexen, seit sein Vater die Familie verlassen hat. Porthos (Martin Peñaloza Cecconi) plagen angesichts einer gespaltenen Gesellschaft und des "Kometen" Angststörungen. Und Aramis? Sie (Runa Schymanski) hat mit Porthos jüngst gestritten, weil der mit ihrem Wunsch, König zu werden, nichts anfangen konnte. Sie, als Frau? Dafür gibt es in der Welt des Stücks gar kein Wort. Feministischen Rückhalt findet Aramis bei den Römern: Latein kennt auch weibliche Wortendungen. Statt König wird Aramis jetzt doch lieber Genderlinguistin. En garde, generisches Maskulinum!

Gute Absicht

Calle Fuhr, Leiter des Volkstheaters in den Bezirken, hat das gut eineinviertelstündige "Bühnengedicht" "frei nach Motiven von Alexandre Dumas" verfasst und inszeniert. Die endgereimten Verse (ein besonderer Stunt: "nickt a" auf "Enigma") stecken voll guter Absicht. Ein paar davon werden auch gesungen (Musik: Finck von Finckenstein).

Ausstattungstechnisch punktet das zum Touren durch die Wiener Bezirke recht spartanisch gehaltene (Bühne: Patrick Loibl) Musical eher mit Kostümen und Frisuren. Einen Knick erfährt die Euphorie des heilsamen Wiedersehens, als d’Artagnan (Rebekka Biener) zurück in die Gruppe will. Hatte sie diese nicht verraten, als sie zwischen Thron und Kirche einst eine "intransparente" Vermittlerrolle eingenommen hat? Das Plädoyer für Versöhnung und Gemeinschaft wird nun, da es im Privaten gelebt werden muss, auf die Probe gestellt. Ihr "Muskebier" muss d’Artagnan allein trinken. Das Ende ist überraschenderweise nur halb kitschig. Diese eher halb gare Uraufführung ist gutgemeintes Theater für Schulklassen. (Michael Wurmitzer, 21.2.2022)