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Der Rücktritt von Wolfgang Mückstein nach nur knapp einem Jahr kam überraschend, auch wenn Ermüdungserscheinungen schon sichtbar wurden. Die Gründe für seinen Rückzug dürften vielschichtig sein.

  • Bedrohung
    Wolfgang Mückstein wurde bedroht wie kein anderes Regierungsmitglied. Als Grüner und Gesundheitsminister geriet er ganz besonders in den Fokus einer immer radikaler werdenden Gruppe von Corona-Zweiflern. Die Folge war permanenter Polizeischutz, das belastete Mückstein, das schränkte sein Leben, aber auch das Leben seiner Familie ein.
  • Überforderung
    Als Gesundheitsminister war Mückstein permanent gefordert, die Pandemie bot in ihrem zweiten Jahr keine Möglichkeit, sich auch einmal zurückzulehnen. Als Manager dieser Pandemie musste Mückstein permanent verfügbar sein. Und Corona ist in diesem Ressort längst nicht das einzige Thema. Es gäbe auch eine Pflegereform voranzutreiben, all diesen Anforderungen kann man nicht gerecht werden. Und offenbar hat Mückstein wichtige Projekte auch zu wenig delegiert.
  • Kompetenz
    Für die Bekämpfung der Pandemie wäre an sich der Gesundheitsminister zuständig, in Österreichs Realverfassung geben aber die Landeshauptleute den Kurs vor, ihnen wird dabei vom Kanzleramt assistiert. Mückstein wurde in entscheidende Weichenstellungen oft nur spät oder auch gar nicht eingebunden. Das muss frustrierend sein.
  • Expertise
    Als Mediziner wäre Mückstein in vielen Fragen vorsichtiger gewesen, als es die Politiker auf dem Spielfeld waren. Die Impfpflicht war keine Erfindung von ihm, sondern eine der Landeshauptleute, aber er musste sie umsetzen. Die Öffnung kam für ihn zu früh, wurde aber vom Kanzleramt so vorgegeben. Die politische Opportunität zählt mehr als die Faktenlage.
  • Rückhalt
    Die ÖVP hat Mückstein zwar nicht so stark bekämpft, wie das noch bei Rudi Anschober der Fall war, aber sie gab ihm auch nicht den notwendigen Rückhalt. Er war nicht nur politisch keiner von ihnen, sondern auch noch ein Quereinsteiger, also gar kein Politiker, das bekam er oft zu spüren.
  • Unterstützung
    Den Grünen ist es nicht gelungen, ihrem neuen Minister, der in der Aufstellung eine Schlüsselrolle spielt, die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, die er gebraucht hätte, um sein Amt bestmöglich auszuüben. Es wurde ihm nicht das richtige Personal zur Seite gestellt, er wurde politisch zu wenig gegen die ÖVP verteidigt, es mangelte offenbar auch an moralischer Unterstützung.

(Michael Völker, 5.3.2022)