Fast zwei Wochen nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine lässt sich eines mit Gewissheit sagen: Niemand weiß genau, wie lange der Krieg noch dauert, wie blutig er wird und ob er auf die Ukraine beschränkt bleibt.

Das Risiko einer großflächigeren Ausweitung ist allerdings existent. Umso wichtiger ist es in dieser Phase, Vernunft zu bewahren trotz des Entsetzens über das Leid der ukrainischen Bevölkerung und über die Kaltblütigkeit des russischen Kriegsherrn Wladimir Putin. Zur Erinnerung: Hier geht es nicht darum, dass der Westen die Ukraine "im Stich" lässt, sondern darum, alles für die Ukraine und damit gleichzeitig die liberale Weltordnung zu tun, ohne in eine offene Konfrontation zweier großer Atommächte zu geraten.

USA weisen Polens Kampfjet-Angebot zurück.
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Auch deswegen werden Detailfragen wie die, ob man nun der Ukraine Polens MiG-29-Jets zur Verfügung stellen soll und auf welchem Weg, so emotional geführt. Jeder Schritt hin zur Schwelle einer direkten Kriegsbeteiligung muss genau abgewogen werden. Das gilt natürlich für die von der Ukraine geforderte Nato-überwachte Flugverbotszone, aber genauso für den Einsatz westlicher Kampfflieger. Denn es ist ein Unterschied, Flug- oder Panzerabwehrraketen in die Ukraine zu liefern oder vom US-Militärstützpunkt im deutschen Ramstein US-Piloten mit Kampfflugzeugen in den ukrainischen Luftraum fliegen zu lassen. Das haben auch die USA mit eindringlicher Deutlichkeit klargemacht.

Abgesehen davon, ob es militärisch überhaupt Sinn hat, diese Art von Jets, die auf den Luftkampf spezialisiert sind, zum Einsatz zu bringen, offenbart der Zwischenfall aber auch, wie leicht es zu Rissen im Nato-Bündnis kommen kann. Polen, so die USA, habe den Vorschlag, seine Flugzeuge über den Umweg der Nato zur Verfügung zu stellen, nicht mit den Verbündeten abgesprochen. Die Nerven liegen blank.

Die bisherige Politik des Westens, so wenig wie möglich – im wahrsten Sinne des Wortes – Angriffsfläche an der militärischen Front zu bieten, bleibt aber die einzig mögliche militärische Strategie. Darüber hinaus muss die Hilfe für die Ukraine in allen Bereichen maximal ausfallen. Das betrifft die umfassende Isolierung Russlands wie auch beispielsweise koordinierte Unterstützung im Cyberwar. Nicht die internationale Gemeinschaft wird für eine "humanitäre Katastrophe" in der Ukraine verantwortlich sein, wie deren Präsident Selenskyj warnt, sondern einzig und allein Wladimir Putin. (Manuela Honsig-Erlenburg, 9.3.2022)