PRO: Mediale Brigade

von Lisa Nimmervoll

Die EU hat im Rahmen ihres Sanktionsmanagements nach der russischen Invasion in die Ukraine auch ein Verbot der staatstreuen, von Wladimir Putin finanzierten und gesteuerten Medien RT (vormals Russia Today) und Sputnik verhängt. Aber darf sie das denn, heißt es nun mancherorts. Wir sind ja liberal und nicht so wie Putin ...

Ja, eben. Genau darum muss Europa – dazu gehört übrigens auch die überfallene Ukraine – alles tun, um die Grundlagen unserer liberalen Demokratie und Freiheit zu schützen. So leicht, dass er hier quasi widerstandslos agieren kann, darf man es Putin, der systematisch und brutal die Grenzen seines "Reichs" – buchstäblich – verschieben will, nicht machen.

Denn eines muss allen klar sein: Die mediale Brigade, mit der Putin das Schlachtfeld auch in den virtuellen Raum ausweitet, ist Teil der russischen Kriegslogistik. Die Medien- oder Redefreiheit wird durch die Tatsache, dass RT und Sputnik nicht mehr über Kabel, Satellit und Internet empfangbar sind, nicht eingeschränkt. Es wurden nur die Verbreitungswege für systematische Manipulation und internationale Desinformation gekappt, auch weil sie das Funktionieren demokratischer Institutionen und der Zivilgesellschaft zerstören sollen.

RT und Sputnik haben nichts mit freiem, unabhängigem Journalismus zu tun. Propaganda und Lügen sind keine schutzwürdigen Güter. Diesen Unterschied zu benennen und klar zu verteidigen macht eine wehrhafte Demokratie aus. (Lisa Nimmervoll, 11.3.2022)

KONTRA: Widerspruch statt Verbot

von András Szigetvari

In Österreich droht künftig bis zu 50.000 Euro Verwaltungsstrafe für die Übertragung von Programmen des Senders RT oder Sputnik. Diese Regelung ist einer liberalen Demokratie unwürdig und wird uns symbolisch im Konflikt mit dem Kreml schwächen.

Ohne Frage: Die beiden TV-Stationen biegen die Wahrheit im Sinne des Kreml, sie sind damit Propagandainstrumente. Aber eine freie Gesellschaft hat bessere Instrumente als Verbote, um dem entgegenzutreten: Lügen gehören aufgedeckt, diskutiert und widerlegt. Unsere Gesellschaft – das ist ihre wahre Stärke im Vergleich zur russischen – ist freier und bunter. Es gibt unzählige freie Medien, NGOs, Parteien und Interessenvertretungen, die nicht von Moskau gesteuert sind und ihren Widerspruch laut erheben können. Allein die Annahme, RT gefährde die Demokratie in Österreich, ist absurd. Aber wann sonst wäre ein Verbot zu rechtfertigen? Gar nicht.

Die Maßnahme ist auch so falsch, weil sie paternalistisch ist. Der Staat bestimmt, was Bürger sehen dürfen. Warum sollten sie RT nicht selbst richtig einordnen können? Jene, die das Verbot aussprechen, schafften es ja auch. Und die Grundrechtseinschränkung ist symbolisch fatal. Russland geht gegen freie Journalisten vor, verbietet kritische Sender. Nun kann der Kreml behaupten: Seht, der Westen hat nur eine liberale Fassade. Dieses Argument sollten wir Moskau nicht schenken. (András Szigetvari, 11.3.2022)