Am 2. November 2020 tötete ein Attentäter in der Wiener Innenstadt vier Menschen.

Foto: Robert Newald

Die Fahrt galt als einer der Schlüsselmomente rund um den Terroranschlag in der Wiener Innenstadt, der am 2. November 2020 vier Todesopfer forderte, der Attentäter selbst wurde von der Polizei erschossen. Zentral ist diese Fahrt in die Slowakei einerseits deshalb, weil der Attentäter dort versuchte, Munition zu kaufen, andererseits aber auch, weil es das Behördenversagen der österreichischen Ermittler illustriert. So lagen dem Verfassungsschutz schon Monate vor dem Anschlag Fotos von dem Vorgang vor, geschehen war jedoch erst einmal nichts.

Jener Mann, der den Attentäter damals, im Juli 2020 und unmittelbar nach dem vielberichteten "Jihadistentreffen", begleitete, wird nun aus der Untersuchungshaft entlassen. Er hatte damals das Auto gefahren und, laut Augenzeugen, den Attentäter auch bis ins Geschäft begleitet. Der Kauf scheiterte allerdings, Mitarbeiter des Geschäfts informierten die slowakischen Behörden. Die Ermittler in Österreich erhoben gegen A. F. den Vorwurf, dass er "von dem geplanten und in Vorbereitung befindlichen terroristischen Anschlag wusste und sich durch Beitrags-, Zustimmungs- und Unterstützungshandlungen daran beteiligen wollte".

Zwar, so schreibt das Oberlandesgericht, sei der Kosovare nach wie vor "schwerwiegender strafbarer Handlungen" verdächtig – das betrifft auch ein Verfahren wegen der Weiterleitung von Propagandavideos –, doch nach dieser "doch langen Zeit" von 16 Monaten Untersuchungshaft sei das "gemessen an der Intensität des Tatbeitrags zu relativieren".

Keine neuen Ermittlungsergebnisse

Außerdem geht das Gericht davon aus, "dass nach dieser längeren Zeit der Untersuchungshaft die Kontakte zur jihadistischen Szene mittlerweile so weit gelockert sind, dass A. F. diese nicht unmittelbar so leicht wieder aufnehmen kann". Abgesehen davon stellt das Gericht fest, dass eine noch längere Untersuchungshaft gegen das Beschleunigungsverbot in Haftsachen verstoßen würde. Man sieht im Gericht zwar ein, dass das Verfahren ein umfassendes ist, allerdings würden offenbar schon seit Monaten keine neuerlichen Ermittlungsergebnisse zum Fall des heute 23-Jährigen vorliegen.

Ein Abschluss der Ermittlungen werde spätestens im Sommer erwartet, sagt dessen Anwalt David Jodlbauer, dann wird sich entscheiden, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erheben wird. Die Entscheidung zur Enthaftung des Oberlandesgerichts sei jedenfalls zu begrüßen.

Nach dem Anschlag wurden dutzende vor allem junge Männer festgenommen, mehrere Verfahren laufen. Einige wurden bereits zur Anklage gebracht, es gab mehrere Schuldsprüche, andere wurden längst enthaftet. Dabei ging es allerdings, soweit bekannt, in keinem Fall um einen direkten oder indirekten Tatbeitrag zum Terroranschlag. Laut Staatsanwaltschaft Wien sind noch sechs Personen im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Untersuchungshaft. (Gabriele Scherndl, Fabian Schmid, 11.3.2022)