Der Wirtschaftsforscher Tomas Casas i Klett meinte, ich solle doch ein kurzes Beiwort zur Analyse der Eliten Österreichs verfassen. Sein Elite Quality Index erscheint in ein paar Wochen, im Ranking von 151 Ländern ist auch Österreich vertreten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Einladung annehmen soll. Was lässt sich mit 500 Zeichen da schon sagen? Außer jene Eliten zu benennen – oder jene, die sich dafür halten –, die in diesem Land viel Schaden angerichtet haben.

Von Professor Casas i Klett, der an der Universität St. Gallen lehrt, wollte ich eigentlich keinen Schreibauftrag, sondern erfahren, wie man die Qualität von Eliten heben kann.

Einige Leserinnen und Leser hatten mich gebeten, dieser Frage eine weitere Kolumne zu widmen. Kurz gesagt lautet seine Antwort mit einem wohl zu engen Blick auf die Wirtschaft: Die Gesellschaft muss zuerst das wirtschaftliche "Geschäftsmodell" von Eliten verstehen, um dann politisch an den Anreizsystemen zu schrauben. Welche Eliten dienen dem wirtschaftlichen Gemeinwohl, schaffen mit ihrem Einsatz Institutionen, Arbeitsplätze und Innovation, und welche beschränken sich auf bloßes "Extrahieren" und die größtmögliche Wertabschöpfung.

Für Österreich bedeutet das: Die ungesunde Nähe von Politik, Staat und Wirtschaft kann nur durch konsequente, strukturelle Reformen verbessert werden. Die gewärtige Medienförderung, in der die Großparteien und einige Tageszeitungen mafiöse Allianzen eingehen, befeuert die Anzeigenkorruption. Das kostet uns Millionen an Steuergeld und schadet der Demokratie.

Der Fall Karmasin zeigt das ungesunde Verhältnis von Politik, Staat und Wirtschaft in Österreich auf.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Intelligente Medienförderung

Wenn eine ehemalige Ministerin in diesem Zusammenhang gerade in Untersuchungshaft sitzt – es gilt natürlich die Unschuldsvermutung –, ist das ein wichtiges Signal. Ändern lässt sich das Modell aber nur über eine intelligente Medienförderung durch eine neue, unabhängige Instanz.

Wie sich zuletzt in der Corona-Pandemie gezeigt hat, ist das allgemeine, staatliche Förderwesen intransparent und ineffizient. Es bringt Politik und Teile der Wirtschaft in eine gefährliche, wechselseitige Abhängigkeit. Nicht zu vergessen sind jene Organisationen und Unternehmen, auf die der Staat indirekt Einfluss nimmt. Seit Jahren werden dort die Abgänger immer größerer Kabinette mit Jobs versorgt oder in die Beamtenschaft gehievt. Regeln zu Cooling-off-Perioden, eine Verkleinerung der Ministerbüros und MindestStandards im Bereich der Qualifikation wären dringend nötig.

"Anderen" Eliten wiederum wird es schwergemacht: Unternehmertum bedeutet hierzulande einen Kampf mit Bürokratie und widersprüchlichen Auflagen. Es gibt wenige Anreize, Risikokapital in neue Technologien zu stecken; welche wir aber dringend bräuchten, um die vierte industrielle Revolution zu meistern. Dazu kommt die Tendenz, dass wir Erfolg prinzipiell eher mit Neid beäugen anstatt mit Anerkennung.

Auch wenn der St. Galler Wirtschaftsforscher Casas i Klett diese Kategorie nicht in seinen Index aufgenommen hat: Anerkennung für überdurchschnittliche Leistungen muss nicht nur in der Wirtschaft Teil unserer Kultur werden, wenn wir andere Eliten fördern wollen als jene, die gerade durch die Staatsanwaltschaft durchleuchtet werden. (Philippe Narval, 20.3.2022)