Gute Laune im Rucksack, Leiche im Wald: Katharina Hauser, Alina Haushammer, Antje Weiser (v. l.) in "Gute Geständnisse besserer Menschen".

Foto: Birgit Gufler

Ritsch, ratsch", machen die Reißverschlüsse der Funktionsjacken. Es ist der Sound der Selbstfindung und Seelenläuterung, der durch den Wald schallt. Sonntags fallen die Freizeitmenschen hier in Horden ein, um am Ende den Wald vor lauter Freizeitmenschen nicht zu sehen. Dafür lauern hinter jedem Busch in Sportkleidung verpackte, aufgestaute Aggressionen. Sie singen im Reißverschlusskonzert verbissen mit.

Der junge Tiroler Regisseur Peter Lorenz lässt dieses herrlich abgründige Hörbild hinter Jalousien entstehen, die mit einer Waldlandschaft bemalt sind. Auch wenn die Jalousien geöffnet sind, bleibt die Natur bloß eine billige Attrappe: Ausstatterin Angela Karpouzi hat die Bühne des K2 im Tiroler Landestheater mit in Scheibchen geschnittenen Baumstämmen als Wald verkleidet.

Er ist in Gerhild Steinbuchs Gute Geständnisse besserer Menschen keine Besserungs- oder gar Heilanstalt, im Gegenteil. Vielmehr wird der Wald zwischendurch auch zum Verhörraum: Das Opfer eines sexuellen Übergriffs sitzt auf dem Baumstamm wie auf einem Richtplatz und bekommt für die Schilderung des Geschehenen dritte Person und Konjunktiv zugeteilt. Es sind sprachliche Perfidien wie diese, mit denen Steinbuchs Text Täter-Opfer-Umkehr, Machtmissbrauch und Demütigungen freilegt und den Zorn darüber aus plumpen Gegenfragen sprechen lässt: "Was soll der denn sonst mit seiner Geilheit machen?"

Zustände im Leichensack

Katharina Hauser ragt mit ihrer Darstellung der Verhörten aus dem Trio der Sonntagsausflüglerinnen heraus, aber auch Alina Haushammer und Antje Weiser haben darin reihenweise schöne Momente. Sie sind im atmungsaktiven Bus an den Stadtrand gefahren, weil man sich "manchmal einfach auch was Schönes" gönnen muss, die "Körper stramm vor Glück", die Rucksäcke randvoll mit guter Laune gepackt.

Nach und nach ziehen sie aber auch ein Arsenal an Waffen aus diesen Rucksäcken heraus, im Waldesdickicht schieben sich atemlose Textflächen, angedeutete Handlungsebenen, Selbstermächtigung und radikale Rachefantasien rätselhaft ineinander, auf einer Lichtung liegt ein einzelner weißer Herrenschuh. Und es beschleicht einen die ungute Ahnung, dass die gute Laune hier ebenso wenig Wurzeln schlagen wird wie bessere Menschen und andere Kreaturen.

Lorenz, der in Glasgow Theaterwissenschaften studiert und zuletzt bei den Volksschauspielen Telfs Neil LaButes Fettes Schwein inszeniert hat, unternimmt in seinem Debüt am Tiroler Landestheater eine überzeugende Gratwanderung zwischen Psychogramm und Psychothriller, die lediglich gegen Ende hin an Kraft verliert, wenn allzu plakativ auf die Zustände eingedroschen wird. Sie stecken in einem weißen Leinen-, vielleicht auch Leichensack. (Ivona Jelcic, 21.3.2022)