Mäuse könnten sich schon vor 15.000 Jahren den Menschen angeschlossen haben. Mit den Hauskatzen müssen sich sich erst seit etwas mehr als 5.000 Jahren herumschlagen.

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Viele Tierarten haben in den vergangenen Jahrtausenden ihren Lebensmittelpunkt von der Wildnis in die Nähe der Menschen verlegt. Offensichtlich erwies sich das Nahrungsangebot in den Siedlungen der Zweibeiner als Überlebensvorteil. Allerdings gestaltet sich das Leben im Schatten des Menschen auch deutlich komplizierter. Die Fähigkeit, Probleme zu lösen, erleichtert ein solches Leben im Verborgenen ungemein.

Ein Team des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie hat kürzlich gezeigt, dass sich das Talent zur Lösung von Problemen durch das Zusammenleben mit dem Menschen durch evolutionäre Anpassung sogar verbessert hat. Zumindest die untersuchten Mäuse waren gleichsam "intelligenter", je früher sich ihre Vorfahren dem Menschen angeschlossen hatten.

Drei Hausmaus-Unterarten

In den letzten Jahrhunderten haben die Menschen die Landschaft des Planeten grundlegend verändert, und damit auch die Verbreitung und das Verhalten der Tierwelt nachhaltig beeinflusst. Wenig untersucht wurden bisher die Effekte der menschlichen Beeinflussung der Umwelt auf die Evolution von Tieren. Forscherinnen und Forscher vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön untersuchten jetzt in Verhaltensexperimenten drei Unterarten der Hausmaus. Diese Unterarten leben unterschiedlich lang in der menschlichen Umgebung: Eine Art 3000 Jahre, eine zweite 11.000 Jahre, und eine dritte lag mit 8000 Jahren dazwischen.

Bei dem Experimenten analysierten die Forschenden die Problemlösefähigkeiten der Mäuse, indem sie sie beispielsweise vor die Aufgabe stellten, ein kleines Spielzeug-Fenster zu öffnen, um an einem Leckerbissen zu kommen. Die Hausmäuse, deren Vorfahren schon seit etwa 11.000 Jahren beim Menschen leben, waren signifikant besser darin, den notwendigen Mechanismus zu entdecken.

Unterschiede bei den kognitiven Fähigkeiten

Die Forscherinnen testeten auch, ob sich die Unterschiede eventuell durch Persönlichkeitsmerkmale wie Neugier, Höhere Motivation, Beharrlichkeit oder leichtes Sich-Ablenken-Lassen erklären lassen. Die Ergebnisse zeigten aber eindeutig, dass das nicht der Fall ist, sondern die Unterschiede sich nur durch höhere kognitive Fähigkeiten erklären lassen.

Die Ergebnisse der im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Studie passen zu früheren Forschungsergebnissen, die sich beispielsweise mit der Intelligenz von Vögeln beschäftigen, die in menschlichen Umgebungen leben. Nur war bisher oft nicht klar, ob es sich um individuelle Ausprägungen bei einzelnen Tieren handelt, oder ob tatsächlich evolutionäre Vorgänge im Spiel sind, also genetische Vererbung.

Da die Mäuse, die an den Versuchen teilnahmen, vor den Experimenten für mehrere Generationen in standardisierten Laborumgebungen gehalten wurden, ist eine evolutionäre Anpassung sehr wahrscheinlich. Mit anderen Worten: Die verbesserten kognitiven Fähigkeiten wurden vererbt. (red, 21.3.2022)