Kanzler Karl Nehammer sieht nach den Korruptionsermittlungen gegen Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka keinen Grund für dessen Rückritt vom Korruptions-U-Ausschuss.

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Wien/Berlin – Der Fall, um den es geht, liegt mittlerweile fast fünf Jahre zurück und betrifft eine Postenbesetzung der Wiener Landespolizei. Dem damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil er seinen damaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller angewiesen haben soll, eine parteipolitisch motivierte Postenbesetzung bei der Wiener Landespolizei vorzubereiten. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Sobotka weist die Anschuldigungen zurück und betont, er habe in 30 Jahren als Berufspolitiker noch nie gegen das Gesetz verstoßen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte sich am Donnerstag bei einem Besuch in Berlin demonstrativ hinter seinen Parteifreund, wie Ö1 am Freitag berichtete: "Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat sich gestern ausführlich erklärt. Er hat klargestellt, dass er alles dafür tun wird, diese sogenannten Vorwürfe gegen ihn so rasch als möglich aufzuklären."

Kanzler kritisiert Zustand der Justiz

Damit sei alles gesagt, versuchte Nehammer jede weitere Diskussion zu dem Fall zu vermeiden. Dass die Opposition angesichts der Korruptionsermittlungen gegen Sobotka dessen Rücktritt vom Vorsitz des Korruptions-U-Ausschusses fordert, ist für den Kanzler "nicht neu" und werde sich wahrscheinlich noch wiederholen. Für Nehammer genügt Sobotkas Ankündigung, sich an der Aufklärung der Vorwürfe zu beteiligen, einen Rücktritt hält er nicht für nötig. Alle weiteren Fragen dazu wollte der Kanzler nicht beantworten.

Nehammer sieht vielmehr Justizministerin Alma Zadić (Grüne) gefordert. Denn Österreichs Justiz vermittle derzeit "ein eigenartiges Bild", findet der Kanzler vor allem hinsichtlich der Suspendierung des Leiters der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat gegen ihn einen Strafantrag wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und falscher Beweisaussage eingebracht. (Steffen Arora, 1.4.2022)