Mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung stehen tausende Familien mit vulnerablen Angehörigen, sogenannte Schattenfamilien, noch schutzloser da. Die Regierung ignoriert ihre Not.

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Sie sind immer noch da, sie haben immer noch Angst, sie sind immer noch in Gefahr und wissen weniger denn je, wie sie die nächsten Monate überstehen werden: Tausende sogenannte Schattenfamilien in Österreich, also Familien, in denen mindestens eine Person vorerkrankt ist und die damit im Falle einer Corona-Infektion besonders gefährdet sind – auch trotz mehrfacher Impfungen.

Mit fortschreitenden Lockerungen trotz hoher Zahlen wurde die Situation für diese heterogene Bevölkerungsgruppe immer bedrohlicher und sie trat immer mehr aus dem Schatten, vernetzte sich auf Social Media und wagte sich unterstützt von Wissenschaftlerinnen und Ärzten sowie Pädagoginnen an die Öffentlichkeit. Die Reaktion der Politik war konsequent. Konsequentes Schweigen.

Die Regierungsparteien haben bewiesen, dass sie beherzt auf "Sorgen und Ängste der Menschen" reagieren können – zumindest wenn diese zur Wirtschaftslobby oder den sogenannten Querdenkern gehören. Bei Leuten, die um das Leben ihrer Kinder, Eltern, Geschwister oder Partner bangen, gilt aber die Devise auch im Gesundheits- und Bildungsministerium: Nicht einmal ignorieren!

Bescheidene Forderungen

Dabei sind die Forderungen der Schattenfamilien bescheiden: Erstens, unbegrenzte PCR-Tests für sie und ihre nächstes Umfeld, damit Infektionen früh detektiert und Hochrisikopatienten isoliert bzw. wenigstens früh genug Medikamente verabreicht werden können. Diese extra Tests stehen einem aber nur zu, wenn das vulnerable Familienmitglied in einer Einrichtung, etwa einem Pflegeheim wohnt. Dabei wäre eine Abwicklung über die E-Card und das Definieren des nächsten Umfelds machbar.

Zweitens, wenn schon die Tests eingeschränkt werden, Maskenpflicht oder ein anderer geeigneter Schutz dort, wo Anwesenheitspflicht besteht – also etwa in der Schule, in der Lehrstelle, auf der Uni und im Job.

Dass man in der Schule die Maske am Platz abnehmen kann wie in einem Beisl, ist absurd. In der Schule herrscht – anders als gemeinhin beim Wirt – Anwesenheitspflicht für alle und es gibt ein Menschenrecht auf Bildung.

Bevorzugte am Arbeitsplatz

Auch als Arbeitnehmerin ist man dank fehlender Gesetze zum Schutz der Hochrisikopatienten weitgehend vom Verständnis des Arbeitgebers abhängig. Es gibt natürlich auch Männer und Frauen, die mit ihrem Arbeitgeber Glück haben, weil dieser weiter unbeschränkt PCR-Tests zur Verfügung stellen wird, die nicht auf die fünf pro Monat, die jedem zustehen, aufgerechnet werden. Wer? Richtig: Nationalratsabgeordnete und Parlamentsmitarbeiter. Also auch jene Männer und Frauen, die Verordnungen, die Schattenfamilien in die Verzweiflung treiben, beschlossen haben.

Es soll ihnen vergönnt sein. Immerhin haben sie keine Alternative dazu, auch mit Corona-Verharmlosern der FPÖ stundenlang beisammen zu sitzen. Aber dennoch: Unbegrenzte Tests und bestmöglicher Schutz sollten gerade für die Schwächsten unter uns gelten. (Colette M. Schmidt, 3.4.2022)