Die WKStA prüft, ob Ermittlungen gegen Wirtschaftsministerin Schramböck eingeleitet werden.

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"Wir gestalten. Jetzt und in Zukunft": Dieser Slogan war das Ergebnis eines zwei Jahre dauernden "Leitbildprozesses", den die Meinungsforscherin und frühere Familienministerin Sophie Karmasin in den Jahren 2019 und 2020 für das Wirtschaftsministerium durchgeführt hat. Im Zuge der weitreichenden Ermittlungen gegen Karmasin und ihre ehemalige Mitarbeiterin, die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, interessiert sich jetzt auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) für diesen "Leitbildprozess".

Nun prüft sie auf Basis einer Anzeige, ob ein Anfangsverdacht gegen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) vorliegt. Dafür wurde am 15. März ein Amtshilfeersuchen an das Ministerium gerichtet: Dieses soll die gesamte Dokumentation rund um die Beauftragung von Karmasins Unternehmen Karmasin Research & Identity sowie "alle bezughabenden Unterlagen und Daten (E-Mails, Vermerke, handschriftliche Notizen etc.) zu diesem Vorgang" übermitteln.

Ein Blatt Papier oder 32 Folien?

Die im Amtshilfeersuchen genannte Anzeige fußt auf einem Bericht, der am 11. März im "Falter" zu der Angelegenheit erschienen war. Demnach hatte die Meinungsforscherin letztlich nur ein DIN-A4-Blatt mit dem Slogan "Wir gestalten. Jetzt und in Zukunft" abgeliefert. Auch aufgrund dessen sei "zu prüfen, ob und, wenn ja, gegen welche Personen" ein Anfangsverdacht vorliege.

Das Ministerium hat den "Falter"-Bericht damals dementiert. Laut einer Aussendung seien zwanzig Interviews zu hundert Stunden und eine Onlineumfrage für rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums durchgeführt und ausgewertet worden. Zudem habe es mit einer Arbeitsgruppe 40 Treffen gegeben. Die Langversion der Leitbildpräsentation umfasst laut Ministerium 32 Seiten – dabei handelt es sich dem Vernehmen nach aber um Powerpoint-Folien.

Laut Karmasins Anwalt Norbert Wess sei das Projekt sehr aufwändig gewesen; Karmasin habe sogar kostenlos diverse Zusatzleistungen erbracht und das Ministerium sei sehr zufrieden gewesen.

Weg über die Politik

Das Angebot für das Erstellen des Leitbilds hatte Karmasin, die einst von der ÖVP zur Ministerin gemacht worden war, an den damaligen und jetzigen Generalsekretär im Wirtschaftsministerium, Michael Esterl, geschickt. Ein anderer Bewerber um diesen Auftrag konnte laut "Falter" nur zur zuständigen Fachabteilung durchdringen. Dass jetzt Ermittlungen geprüft werden, kommt für Esterl ungelegen: Er soll ein Auge auf die Leitung der Präsidialsektion im ÖVP-geführten Ministerium geworfen haben. Das ist übrigens jene Sektion, die auch für Auftragsvergaben zuständig ist.

In der Causa wird seit längerem gegen Karmasin, Beinschab und andere ermittelt. Für alle hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Indes hat Karmasin nun die gesamte Summe ihrer bezogenen Ministerinnen-Gehaltsfortzahlung zurückgezahlt. Das teilte ihr Rechtsanwalt am Donnerstag mit und bestätigte auch das Bundeskanzleramt. Das Kanzleramt hatte zuvor einen von der Ex-Ministerin ausstehenden Betrag von 12.000 Euro reklamiert. (Renate Graber, Fabian Schmid, red, 22.4.2022)