Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, fordert: "Das Justizministerium hat zu liefern."

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Die Volkspartei bemüht sich im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss weiterhin intensiv, Hinweise für die Involvierung auch anderer Parteien zu finden. Jetzt will die ÖVP den Verfassungsgerichtshof anrufen, weil das Justizministerium einem Auftrag auf Aktenlieferung binnen der mit einem türkisen Antrag gesetzten Frist nicht nachkam. Bei diesen Akten handelt es sich um Chats zwischen Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid (ÖVP) und SPÖ-Politikern.

Die Frist – für die die Zustimmung eines Viertels der Mandatare nötig ist – konnte die ÖVP aufgrund ihrer Größe allein vorgeben. Sie wurde in der Nacht auf Freitag fällig. Das Justizministerium wartete in der vergangenen Woche allerdings darauf, dass der U-Ausschuss eine Reihenfolge für die Chat-Auswertung festlegt.

Mehrere 100.000 Chats

Die "gegenständlichen Verlangen" würden "eine Auswertung von mehreren Hunderttausend Chats betreffen", hieß es schon Anfang der Woche. Die Anträge der ÖVP seien deshalb Gegenstand eines Konsultationsverfahrens. Dieses werde vom Vorsitzenden des U-Ausschusses – also Wolfgang Sobotka (ÖVP) – mit dem Justizministerium unter Einbindung der Fraktionen geführt.

Aus Sicht der ÖVP ist in diesem Fall allerdings kein Konsultationsverfahren möglich. Ein solches sei nur für Fälle vorgesehen, wo die Übermittlung von Unterlagen strafrechtliche Ermittlungen gefährden könnte, sagte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger am Samstag zur APA: "Das Justizministerium hat zu liefern, es kann sich nicht auf ein Konsultationsverfahren ausreden." Der Antrag an den VfGH werde deshalb gerade vorbereitet, bestätigte er einen Bericht der "Kronen Zeitung" (Samstags-Ausgabe).

Justizressort muss Daten prüfen

Das Justizministerium trat Hangers Darstellung entgegen: In diesem Fall sei sehr wohl ein Konsultationsverfahren möglich – und auch notwendig, um Ermittlungen der Staatsanwaltschaften nicht zu gefährden. Bei den verlangten Lieferungen handle es sich nicht bloß um die Vorlage bestehender Akten. Vielmehr müssten die Daten zum Großteil erst ausgeweitet werden. Somit sei der Inhalt nicht einmal den Strafverfolgungsbehörden bekannt. Die Daten könnten also Informationen enthalten, die für die Ermittlungen relevant sind – und diese könnten also gefährdet sein, wenn die Unterlagen ohne die (für solche Fälle vorgesehene) Prüfung vorgelegt werden, argumentierte das von der Grünen Alma Zadić geführte Justizressort.

FPÖ sieht Koalition in schlechtem Zustand

Für die FPÖ ist der Antrag der ÖVP gegen das Justizministerium einerseits ein Beweis für den schlechten Zustand der Koalition. Die Regierungsparteien würden sich "in einer Art Kleinkrieg gegenseitig genüsslich auffressen" – obwohl man in den aktuell so schwierigen Zeiten eine handlungsfähige Regierung bräuchte, meinte Fraktionsvorsitzender Christian Hafenecker in einer Aussendung. Und andererseits wolle die ÖVP offenbar von ihren eigenen Problemen ablenken, verwies Hafenecker auch auf die "Vorgänge innerhalb der ÖVP Vorarlberg". (red, APA, 23.4.2022)

Update: Stellungnahme der FPÖ wurde um 13:32 Uhr ergänzt

Update: Stellungnahme des Justizministeriums wurde um 15:46 Uhr ergänzt