Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ist auch Landesparteiobfrau der ÖVP Niederösterreich. Die Inserate des Landes in deren Medien sollen nun durchleuchtet werden.

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St. Pölten – Der niederösterreichische Landesrechnungshof wird sich voraussichtlich mit den Inseraten des Landes in den Medien aller Landtagsparteien beschäftigen. Am Montagnachmittag kündigten SPÖ, FPÖ und Neos einen gemeinsamen Antrag auf Sonderprüfung durch den Rechnungshof in St. Pölten an. Auch die Grünen wollen dem Antrag zustimmen, teilten Sie auf STANDARD-Anfrage mit – an der Pressekonferenz sind sie aber nicht beteiligt. "Wir vermuten Umgehungskonstruktionen gerade im Zusammenhang mit der ÖVP, über die die Partei indirekt und an den Gesetzen vorbei Zuwendungen bekommt", sagte die niederösterreichische Neos-Chefin Indra Collini.

Schon Anfang April berichtete DER STANDARD über eine anonyme Anzeige beim Parteien-Transparenz-Senat in der Sache. Der Vorwurf: Großzügige Inserate des Landes oder landesnaher Unternehmen in zwei Zeitschriften der Volkspartei würden die Regeln zur Parteienfinanzierung umgehen. Weil die Zeitungen vom ÖVP-nahen Innovaverlag herausgegeben werden, scheinen die Inserate nicht im Rechenschaftsbericht der Partei auf.

Auch Bundesrechnungshof prüft

Die Anzeige beim Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) erzielte aber kein unmittelbares Ergebnis: Er sah keinen Grund für ein Tätigwerden – und leitete die Anzeige an den Bundesrechnungshof weiter. Dieser bestätigt auf STANDARD-Anfrage das Einlangen der Anzeige: "Unabhängig von dieser Anzeige und unabhängig von der Mitteilung des UPTS, dass er keinen Anlass für ein Tätigwerden sieht, ist dieses Thema Gegenstand des Kontrollverfahrens des Rechnungshofes zum Rechenschaftsbericht der ÖVP 2019", sagt ein Sprecher des Rechnungshofs. "Sollten wir in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen das Parteiengesetz vermuten, wird der Rechnungshof nach Abschluss des Kontrollverfahrens eine Meldung an den UPTS erstatten."

"Das Vertrauen in die Politik ist tief erschüttert", sagte Collini. Die Methoden der ÖVP im Bund sowie in Vorarlberg hätten den Fokus auf Parteienfinanzierung gelegt: "Natürlich liegt der Schluss nahe, dass hier ähnliche Vorgänge laufen, wie sie auch in Vorarlberg sichtbar geworden sind", sagte die gebürtige Vorarlbergerin.

Die drei Parteien kündigten fünf voneinander unabhängige Prüfanträge an, um rascher zu Einzelergebnissen zu kommen. Diese würden nicht nur die ÖVP umfassen, sondern Inserate, Kooperationen und Förderungen mit den Medien aller Parteien. "Ich gehe davon aus, dass die Herrschaften, die hier stehen (von SPÖ und FPÖ, Anm.) guten Gewissens in so eine Prüfung gehen", sagte Collini.

U-Ausschuss müsste bis nach der Wahl warten

SPÖ-Klubchef Reinhard Hundsmüller rechnet mit baldigen Resultaten: "Die ersten Ergebnisse können wir schon im Juni bewerten, im September ist das schon abgeschlossen, daraus folgt dann, wie wir mit der Geschichte weitergehen." Im Raum steht ein Untersuchungsausschuss – dieser könnte aber wegen der gesetzlichen Fristen erst nach der Landtagswahl im Frühjahr 2023 stattfinden.

Udo Landbauer sieht in den umstrittenen Inseraten "eine ganz offensichtliche Kreislaufwirtschaft", die von "Machtmissbrauch und dubiosen Geldflüssen von öffentlichen Unternehmen in die schwarzen Parteikassen" gekennzeichnet sei." Beispielsweise sponsere das landeseigene Energieunternehmen EVN ÖVP-Aktionen und schaltet Inserate in ÖVP-Magazinen. "Somit zahlt der niederösterreichische Steuerzahler für ÖVP-Parteiwerbung", sagte Landbauer.

Landesrechungshof wird Prüfteam zusammenstellen

Der Antrag soll am Donnerstag von deutlich mehr als den 19 erforderlichen Abgeordneten des Landtags unterschrieben werden. Erwartet werden die Unterschriften von allen Mandatarinnen und Mandataren der SPÖ, der FPÖ, der Neos und auch der Grünen sowie des fraktionslosen Ex-FPÖ-Klubchefs Martin Huber. Geprüft werden sollen unter anderem die EVN und ihre Tochtergesellschaften, die Hypo Niederösterreich, die Wirtschaftsagentur Ecoplus und kleinere Unternehmen wie das "Radland Niederösterreich" und "Natur im Garten.

Die Präsidentin des Landesrechnungshofs (LRH), Edith Goldeband, erklärt dem STANDARD das Prozedere einer solchen Sonderprüfung so: Wenn der Antrag ausreichend unterstützt ist, prüft der LRH die Fragestellungen und wird dementsprechend ein Prüfteam zusammenstellen. Rund 20 Prüferinnen und Prüfer beschäftigt der LRH, sie werden je nach ihrem aktuellen Einsatz mit der Prüfung beauftragt.

Volkspartei verweist auf SPÖ-Zeitung und Donauinselfest

Die Volkspartei bestreitet jegliches Fehlverhalten und stellt eine Umgehung des Gesetzes in Abrede. "Es geht nicht, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, sondern es muss eine klare Regelung geben. Rechtlich ist alles sauber", sagt Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner in einem Video der Partei.

Die Volkspartei verweist auf einen Bericht der "Krone", wonach das Land auch in der Zeitschrift eines SPÖ-Vereins inseriert habe. Und auf das Donauinselfest der SPÖ Wien, wo laut Berechnungen der Landeshauptfraupartei auf der ORF-Bühne Künstlerinnen und Künstler im Wert von mehreren Hunderttausend Euro auftreten würden. "Wäre das gut, wenn der ORF Niederösterreich beim nächsten Fest der Volkspartei Niederösterreich die Musik zahlt?", fragt deren Sprecher. (Sebastian Fellner, 25.4.2022)