Wirtschaftsvertreter sind voll des Lobes über die geplante Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die Menschen aus Drittstaaten Zugang zu längerfristigen Jobs in Österreich gewährt. Die geplanten Änderungen, in deren Zentrum ein etwas weniger rigider Umgang mit Saisonarbeitskräften steht, seien ein wichtiger Schritt gegen den Personalmangel, verkünden Hoteliervereinigung, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Tourismus und Landwirtschaft könnten aufatmen.

Arbeitsminister Kocher präsentierte am Donnerstag einen Entwurf zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte.
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Nun dürfte die von ÖVP und Grünen mühevoll erzielte Einigung Österreichs Anziehungskraft als Arbeitsort tatsächlich etwas steigern. Wenn Saisonniers wissen, dass sie nach drei Jahren nicht mehr an den ersten Brötchengeber gebunden sind und nach weiteren zwei Jahren Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte haben, werden sich wohl einige überlegen, mit der Perspektive auf einen fixen Job ganz nach Österreich zu ziehen.

Ein wirklich großer Wurf jedoch ist das nicht – und auch die weiteren vereinbarten Änderungen, etwa am Punktesystem für den Erwerb der Karte, gehen an der Lebensrealität vieler arbeitswilliger Drittstaatsangehöriger vorbei. Antrag und Bewilligungsverfahren für Jobs in Österreich bleiben langwierig und extrem bürokratisiert; praxisnahe Möglichkeiten, etwa die Familie ins Land nachzuholen, fehlen nach wie vor.

Damit krankt die neue Rot-Weiß-Rot-Karte an derselben Schwäche wie die alte: Sie geht mit Kräften aus Drittstaaten weiterhin wie mit Gastarbeitern um. (Irene Brickner, 28.4.2022)