TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler spricht als Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko) für die 22 öffentlichen Universitäten Österreichs.

Foto: Andy Urban

Die allgegenwärtigen Kostensteigerungen, vor allem im Energiebereich, setzen auch die Hochschulen unter Druck. Die Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko), TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler, appellierte daher am Montag dringend an die türkis-grüne Regierung, die Unis mit mehr Geld auszustatten. Denn sonst drohe das für die Jahre 2022 bis 2024 beschlossene Budget von der Inflation aufgefressen zu werden: "Erhebliche Kostensteigerungen bei Strompreisen, Mieten und Personalkosten reißen ein riesiges Loch von rund 475 Millionen Euro in das Budget der Universitäten", rechnete Seidler vor.

Heizung oder Professuren?

Sollten die Unis keinen "finanziellen Ausgleich" bekommen, "stehen wir künftig vor der misslichen Wahl: Wollen wir unsere Hörsäle heizen oder Professuren nachbesetzen – beides wird sich nicht ausgehen", warnte Seidler. An ihrem eigenen Standort illustrierte Rektorin Seidler die Dimensionen. Alleine auf der Stromrechnung der TU Wien werden durch den erheblichen Bedarf von mehr als sechs Millionen Kilowattstunden Mehrkosten von bis zu 24 Millionen Euro erwartet.

An der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien macht die prognostizierte Kostensteigerung etwa drei bis vier Prozent des Gesamtbudgets aus. Die Veterinärmedizinische Uni stellt sich auf 20 Millionen Euro Mehraufwand ein, bislang ungedeckt. Geld werde jedoch dringend für die begonnene Digitalisierung und Investitionen in zeitgemäße Forschung und Lehre benötigt.

Hinterlassenschaft von Sebastian Kurz

Angesichts dieser zugespitzten Situation ist die Uniko, der Dachverband der 22 öffentlichen Universitäten Österreichs, mehr als irritiert von den Plänen für eine neue Technische Uni in Linz mit Schwerpunkt "Digitalisierung und digitale Transformation". Diese ist eine politische Hinterlassenschaft von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der das Projekt 2020 dem oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) zugesagt hat. Allerdings hieß es damals, dass die Finanzierung nicht auf Kosten der bestehenden Universitäten aufgestellt werde.

Jetzt aber soll das Linzer "Leuchtturmprojekt", so nannten es seine politischen Erfinder, in der Gründungsphase bis 2023 "ausgerechnet aus jenem Notfallstopf finanziert werden", ist Uniko-Präsidentin Seidler empört, "der den öffentlichen Unis laut Universitätsgesetz für ,besondere Finanzierungserfordernisse’ zusteht". So steht es im Gesetzesentwurf, der seit Mittwoch vorliegt. Die TU Linz soll übrigens gar nicht dem Unigesetz unterstehen. Seidler sieht eine "skandalöse Umgehung des Unigesetzes und einen Affront gegenüber allen öffentlichen Universitäten und den Steuerzahlern."

"Parteipolitisch motiviert und unausgegoren"

Die Uniko hatte die Pläne zur Gründung einer vierten Technischen Universität in Österreich – neben den bestehenden TUs in Wien und Graz sowie der Montanuni Leoben – von Anfang an scharf als "übereilt, parteipolitisch motiviert und konzeptionell unausgegoren" kritisiert. Jetzt tun die äußeren Umstände das Ihre zur forcierten Kritik: "Während wir angesichts der steigenden Inflation nicht wissen, wie wir unsere Stromkosten bezahlen sollen, wird eine Universität, deren Sinnhaftigkeit sich mir bis heute nicht erschließt, mit jenem Notgroschen finanziert, den wir zumindest als anteilige Kompensation der rasant steigenden Kosten dringend benötigen wurden, um unseren Betrieb aufrecht zu erhalten", unterstrich Seidler die Position der Unis.

Auch inneruniversitär formiert sich weiterer Widerstand gegen das Linzer TU-Projekt. Die Senatsvorsitzendenkonferenz (SVK) lehnt die Neugründung als Ganzes ab – "insbesondere die überzogene Industrienähe und die absehbare Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit".

Im Wissenschaftsressort wurde am Montag betont, dass das Geld für die TU Linz aus der "Ministerreserve" – also dem "Notfalltopf" – der Uni Linz zukomme, wo die Kosten für die Vorbereitung anfallen. (Lisa Nimmervoll, 2.5.2022)