Kunststudent Moiz in seiner Werkstatt an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Foto: Corn

Die physischen und virtuellen Räume, an denen aufstrebende Künstlerinnen und Künstler ihre Werke in Szene setzen, sind vielfältig. Sie reichen von öffentlichen Straßen bis hin zu Offspaces, von Instagram und Kryptoplattformen bis hin zu klassischen Galerien. Die Machtverhältnisse beim Handel mit der Kunst bleiben dennoch meist ähnlich. Drei Studierende erzählen dem UNISTANDARD, wie sich die eigene Kunst heute verkaufen lässt.

Streetart am Donaukanal und Kalligrafie in der Galerie

Einer, der den Schritt in die Welt der Galerien recht rasch geschafft hat, ist der Streetartkünstler Moiz. Die Markenzeichen des 25-Jährigen sind schwarze, graue und weiße Würfel sowie Kalligrafie. Moiz hat sich und seinen Werken einen Namen gemacht, indem er einen Instagram-Account als Portfolio verwendet hat.

Foto: Corn

Der Ausgangspunkt lag aber an legalen Spraywänden und in den Wohnungen von Freunden, wo er seine Kunst präsentiert hat. Nach und nach fragten immer mehr Personen über Instagram an. Gerade das Zusammenspiel aus virtueller und physischer Sichtbarkeit hat schließlich auch zu einer für die Karriere besonders fruchtbringenden Zufallsbegegnung am Wiener Donaukanal geführt: "Ich wurde an Ort und Stelle von einem Galeristen angesprochen, der meine Sachen bereits von Instagram kannte. Er hat sich gefreut, mich direkt beim Arbeiten zu treffen."

Foto: Corn

Mittlerweile waren Moiz' Werke schon im Wien-Museum zu sehen. Manche Kollegen, das erzählt er, könnten nach solchen Erfolgen nicht nachvollziehen, warum er seine Kunst auch weiterhin im öffentlichen Raum macht, wo sie eben nicht verkäuflich ist. Er sieht keinen Widerspruch: Nachwuchskünstler müssten Präsenz zeigen, und das funktioniere an Orten, die für alle zugänglich sind, immer noch am besten.

Zwischen Installationen, Instagram und Kritik an der Warenform

Die Freiheit der Kunst und die Freiheit des Marktes scheinen eine besonders gute Beziehung zu führen", scherzt Josepha Edbauer. Die 26-Jährige studiert an der Universität für angewandte Kunst und sieht die Veränderungen am Kunstmarkt kritisch. Ihr sei gesagt worden, man müsse einen Marathon laufen, um zu reüssieren. Doch die Startpunkte sind nicht für alle gleich. Das fange schon damit an, dass viele Künstler keine Waren produzieren, die von ihrer Machart her einfach zu handeln sind: "Die Leute wollen Teil von etwas sein, wenn sie Kunst kaufen. Sie wollen etwas zu Hause hängen haben, das gesehen werden kann. Aber nicht alle Künstlerinnen produzieren Werke, die so funktionieren." Für ihre Installationen muss sie etwa Anträge mit großem bürokratischen Aufwand und unsicherem Ausgang einreichen.

Foto: Corn

Bei investitionsorientierten Beobachtern, die sich für die Verwertbarkeit interessieren, wird der Blick automatisch in ganz bestimmte Sparten gelenkt. So werden vor allem Gegenstände klassischer Disziplinen wie etwa Malerei und Grafik gerne und schnell gekauft. Der unkomplizierte Vertrieb solcher Kunstgegenstände funktioniert aber auch bei eigenen Projekten in kleinerem Rahmen, wie Kunststudentin Edbauer feststellte. Sie malte traurige Blumen auf A5-Blätter, und für deren regen Absatz brauchte sie weder Galerie noch Ausstellungsraum, kein Museum und keinen Offspace. Sie hat die Werke auf Instagram in ihrer Story geteilt, und wer eine bestimmte Blume wollte, musste ihr nur schreiben.

Foto: Corn

Immer häufiger werden solche direkten Verkaufskanäle gewählt. Instagram hat den persönlichen Bezug zu den individuellen Arbeiten insgesamt verstärkt – egal ob es um Mode, Keramik oder eben Zeichnungen geht. Dahinter steht oft auch der Wunsch, sich nicht an große Galerien oder Label anbiedern zu müssen. Diese autonome Herangehensweise fügt sich in die oft subversiven Ansprüche von jungen Kunstschaffenden.

Das ästhetische Potenzial der Kryptokunst und die Schattenseiten

In den vergangenen Jahren ist der Anteil von Instagram und anderen Onlineplattformen am digitalen Kunstmarkt gewachsen, auch wegen Covid-Beschränkungen. Vor allem der Hype um NFT-Kunst sorgt derzeit für viel Aufmerksamkeit. NFT ist allerdings kein künstlerisches Medium per se, sondern dient lediglich der Festlegung von Eigentumsverhältnissen. Dabei werden eine Datei – also meistens ein digitales Bild – und ein Eigentümer über einen speziellen Code als "Non-Fungible Token" (NFT) miteinander in Beziehung gesetzt.

Demian Thirst studiert an der Angewandten Digitale Kunst und hat selbst bereits NFTs verkauft. Unten ist etwa sein digitales Bild Monochrome Bleu Numérique zu sehen, das mittels Blockchain generiert wurde und auf die berühmten blauen Gemälde von Yves Klein anspielt.

Bild: Demian Thirst

Der 26-Jährige denkt allerdings nicht, dass Plattformen, auf denen NFTs gehandelt und hergestellt werden können, zur Demokratisierung oder gar zur Revolution des Kunstmarktes führen: "Die Plattformen geben zwar theoretisch allen die gleiche Chance. Praktisch bedeutet es aber nicht, dass alle den gleichen Erfolg haben können." Ausschlaggebend dafür bleibe auch am NFT-Markt der Bekanntheitsgrad der Künstler. Zudem müssen diese die Produktionskosten für NFTs selbst finanzieren, und das geht ordentlich ins Geld. Mit mehr als 200 Euro pro Werk muss man schnell einmal rechnen. Der Hype um die Kryptokunst und ihre vermeintliche Niederschwelligkeit seien trügerisch, meint Thirst.

Potenzial sieht er in der Kryptoszene dennoch, zumal sie dabei ist, ihre eigene ästhetische Formensprache zu entwickeln. Diese bezieht sich gerne auf Memes und popkulturelle Versatzstücke, die auf Social-Media-Trends zurückzuführen sind. So ist etwa "Pepe der Frosch" eines der populärsten, aber auch umstrittensten Motive der Szene. Die Ikonografie in oft schrillen Farben eröffne ein neues Marktsegment und spreche ein Publikum an, das zuvor weniger mit Kunst in Berührung gekommen ist. (Mark Elias Napadenski, 10.5. 2022)