Wien – Dass die Favoritner Expedithalle für die Jahreskonferenz der Wiener SPÖ-Frauen ausgewählt wurde, war nicht zufällig. Die historischen Mauern im Ziegel-Look erinnern an alte Arbeiterfabriken in Zeiten der Industriellen Revolution, in denen die Arbeiterbewegung in ihrem Anfangsstadium Fuß fassen konnte. Das traditionelle Milieu nutzten die Sozialdemokratinnen, um ihre thematische Ausrichtung für das kommende Jahr vorzugeben.

Für die Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen, Marina Hanke, braucht es mehr feministische Maßnahmen in der österreichischen Politik.
Foto: Wiener SPÖ Frauen/ Markus Sibrawa

Als sich die mit roten Bodenspots geschmückte Halle verdunkelte und das Eröffnungsvideo über die beiden großen Leinwände lief, war bereits klar, in welche Richtung die Konferenz mit rund 180 anwesenden Delegierten geht. Die Unzufriedenheit und Empörung über Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) und die gesamte türkis-grüne Bundesregierung war groß. Die Sozialdemokratinnen wünschten sich mehr Maßnahmen für Frauen. Etwa gegen die Lohnschere zwischen Mann und Frau und gegen häusliche Gewalt.

Hanke fordert feministische Maßnahmen

Das alles betonte Marina Hanke, die Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen, in ihrer Kampfansage an die politischen Verantwortlichen. "Die Bundesregierung ist untätig, die Frauenpolitik leidet darunter. Es wird Zeit, dass wir eine feministische Zeitenwende einleiten", bekräftigt Hanke in ihrer Rede. Zudem sei der weltweite Rückgang der Demokratie ein gefährliches Signal für Frauenpolitik auf der ganzen Welt. Hanke dazu: "Geht die Demokratie zugrunde, so steht es auch um die Frauenrechte schlecht. Wir müssen unsere demokratischen Strukturen verteidigen, nur so kann Frauenpolitik gelingen."

Für die Frauenvorsitzende war es außerdem wichtig hervorzuheben, dass sie auch weiterhin für die Frauen in Österreich da sei, die es durch die Corona-Pandemie und die steigenden Preise besonders schwer haben. Sie scheint in der altehrwürdigen Favoritner Halle ohnehin der Publikumsliebling gewesen zu sein. Nach der 10-minütigen Rede gab es tobenden Beifall, die Genossinnen erhoben sich zudem von ihren Plätzen.

So sehr wurde nicht einmal bei Wiens roten Bürgermeister Michael Ludwig geklatscht. Dieser stach farblich inmitten des rot geschmückten Saals mit seiner schwarzen Krawatte hervor. Grund dafür war dessen vorangegangener Besuch der Gedenkveranstaltung des erst kürzlich verstorbenen Musikers Willi Resetarits. "Resetarits wusste immer schon, solidarisch mit Menschen umzugehen, das sollte ein Leitbild für uns alle sein", teilte Ludwig im Rahmen der Jahreskonferenz mit.

Ludwig will Rendi-Wagner als rote Bundeskanzlerin

In punkto Frauenpolitik sei es für Ludwig klar, dass es in Österreich die erste gewählte Bundeskanzlerin brauche: "Mit Pamela Rendi-Wagner haben wir eine Frau an der Parteispitze, die sich für feministische Maßnahmen stark macht. Es wird Zeit, dass sie eine Regierung anführt." Ein weiterer wichtiger Punkt in Ludwigs Rede war das Netz an Gewaltschutzmaßnahmen, er hob unter anderem die bedeutende Funktion der Frauenhäuser in Wien hervor.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig betont das Netz an Gewaltschutzmaßnahmen in Wien.
Foto: Wiener SPÖ Frauen

Blickte man durch die Reihen der gefühlten Expedithalle, fiel schnell auf, dass zwei prominente SPÖ-Politikerinnen bei der Konferenz nicht anwesend waren. Die Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner war terminlich verhindert, hinterließ jedoch per Videobotschaft eine Nachricht an die anwesenden Genossinnen: "Krieg und Pandemie haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Frauenpolitik. Deshalb ist es nun wichtiger denn je, zu handeln." Ebenso war die Obfrau der SPÖ-Bundesfrauen, Eva Maria Holzleitner, nicht vor Ort, sie war bei der gleichzeitig stattfindenden roten Frauenkonferenz in Kärnten.

Im Zuge der Veranstaltung wurde der Leitantrag mit dem Motto "Heute für ein besseres Morgen" beschlossen, der unter anderem eine Teuerungsbremse, ein Arbeitsmarktpaket, den Ausbau der Kinderbetreuung, ein gerechteres Gesundheitssystem für Frauen sowie ein Paket gegen Altersarmut beinhaltet. (Max Stepan, 7.5.2022)