Auch wenn uns die Natur manchmal als verschwenderisch bunt erscheinen mag, durch die Grenzen unseres Sehvermögens bekommen wir nur einen Teil der tatsächlichen Farbenpracht zu Gesicht. Andere Lebewesen erleben die Welt beispielsweise auch im UV-Bereich des elektromagnetischen Spektrums, einem Teil des Sonnenlichts, der dem menschlichen Auge verborgen bleibt.

Ein kleines Fenster in die UV-Welt der Natur öffnen jene Arten, die zur Biofluoreszenz fähig sind. Bei diesem Phänomen wird durch ein bestimmtes Molekül UV-Licht absorbiert und anschließend in Form von Photonen niedrigerer Energie und als sichtbare Farbe wieder abgegeben. Der Vorgang basiert physikalisch auf der Fotolumineszenz.

Papageien auf Partnersuche

Viele wirbellose Tieren sind dafür bekannt, beispielsweise manche Skorpione, die unter der UV-Lampe blau leuchten. Seit einigen Jahren weiß man, dass auch Wirbeltiere fluoreszieren können. Einige Papageienarten haben fluoreszierendes Gefieder, das möglicherweise bei der Partnersuche eine Rolle spielt. Die Forscherinnen und Forscher argumentierten, dass angesichts der Komplexität und der hohen Kosten ihrer fluoreszierenden Pigmente diese Fähigkeit den Vögeln einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte.

Video: Fluoreszierende Skorpione.
California Academy of Sciences

Zuletzt erkannten Biologinnen und Biologen, dass sogar Säugetiere wie Igel, Flughörnchen und das australische Schnabeltier im UV-Licht leuchten. Die Studien haben nicht nur farbenfrohe Fotos hervorgebracht, sondern auch einige Fragen aufgeworfen: Besitzt Fotolumineszenz bei den Säugetieren eine ökologische Funktion? Wie kommt sie überhaupt zustande? Eine internationale Gruppe von Forschenden unter der Leitung des Museums für Naturkunde Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin wollte nun herausfinden, was es mit dem rosa und rötlich leuchtenden Fell auf sich hat.

Biofluoreszenz mit sozialer Funktion?

In früheren Studien wurde die Biofluoreszenz ausschließlich bei nachtaktiven Säugetieren beobachtet. Nahe Verwandte, die tagsüber unterwegs sind, fluoreszierten dagegen nicht. Es war daher naheliegend, dass das Phänomen dazu dient, Partnerinnen anzulocken, mit Artgenossen zu kommunizieren oder sich zu tarnen. So plausibel diese Hypothese anfangs erschien, die Untersuchungen des Teams verwiesen in eine andere Richtung. Zum einen zeigte sich, dass die Bedingungen zur Erzeugung bzw. Wahrnehmung der Biofluoreszenz in der Natur wahrscheinlich nicht vorkommen: Um sie sichtbar zu machen, war ein konzentrierter UV-Strahl in einem ansonsten dunklen Raum notwendig.

Zum anderen lieferte der chemische Hintergrund des Phänomens einen starken Hinweis darauf, dass die Biofluoreszenz bei Säugetieren eher mit Entgiftung zu tun hat. Das Team analysierte Fellproben von Schnabeltieren, Opossums, Igeln, Wieseln und Flughörnchen. Als für die Fotolumineszenz verantwortliche Substanzen identifizierte das Team Porphyrine, die sich in den Haaren abgelagert haben. Da diese organisch-chemischen Farbstoffe bei Sonneneinstrahlung schnell zerfallen, beobachteten die Wissenschafter auch im Labor einen schnellen Verlust der Fotolumineszenz.

UV-Photolumineszenz beim Flughörnchen Pteromyscus pulverulentus. Links unter normalem Licht, rechts unter UV-Licht.
Foto: Séverine Toussaint

Schädliche Porphyrine

Porphyrine dienen als Bausteine für mehrere lebenswichtige Proteine in der Säugetierbiologie, und viele Organe produzieren sie ohnehin schon. Eine Überproduktion von Porphyrinen kann jedoch unter anderem schwere Hautschäden verursachen. Manche Säugetiere können die Anhäufung von Porphyrinen verhindern, indem sie ihre Haare als Speicher nutzen, in denen das Sonnenlicht diese Moleküle effektiv abbaut. Porphyrine, die nicht durch Sonneneinstrahlung zerstört wurde, bringen das Fell unter einer UV-Lampe zum Leuchten.

Da die untersuchten Säugetiere, die Porphyrin in ihren Haaren ablagerten, nur entfernt miteinander verwandt sind, könnte diese Strategie bei Säugetieren weit verbreitet sein, schreiben die Forscherinnen und Forscher im Fachjournal "Integrative Zoology". Außerdem würden die Beobachtungen erklären, warum nachtaktive Säugetiere leuchten, während ihre tagaktiven Verwandten dies nicht tun: Beide speichern Porphyrine in ihrem Fell, aber der Abbau erfolgt bei jenen viel schneller, die sich in der Sonne tummeln. (tberg, red, 9.5.2022)