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Die letzte Prüfung ist geschrieben, die schriftliche Zentralmatura 2022 – oder zumindest ihr Haupttermin – vorbei. Am Donnerstag mussten noch einmal rund 1.050 Schülerinnen und Schüler ihr Können in Italienisch unter Beweis stellen: Getestet wurden die Kompetenzen im Lesen, Hören und Schreiben. Die Hauptfächer Mathematik, Deutsch und Englisch wurden bereits in der Vorwoche abgeprüft.

Knapp zwei Wochen dauerte der Prüfungsreigen von rund 46.000 Jugendlichen der Abschlussklassen in Österreich. Nun geht es für die Lehrenden ans Korrigieren. Ein Fünfer bei der Matura heißt für die Betroffenen aber noch lange nicht, dass man die Schullaufbahn nicht für beendet erklären kann: Denn seit der ersten Pandemie-Matura 2020 fließt auch die Jahresnote der Abschlussklasse in die Beurteilung der Reifeprüfung ein.

Wer selbst nach Einberechnung der Zeugnisnote noch auf einem Nicht genügend steht, hat Anfang Juni die nächste Chance, um sich zu verbessern. Am 1. und 2. des Monats stehen die Kompensationsprüfungen im Kalender.

Gestreikt wurde im Frühjahr gegen den Entschluss des Bildungsministeriums unter Martin Polaschek, die mündliche Matura heuer durchzuführen.

Anders als in den vergangenen beiden Jahren findet heuer – trotz Corona – wieder die mündliche Matura verpflichtend für alle statt. Das sorgte auch für Proteste der Schülerinnen und Schüler.

Ersatztermine bei Covid-19

Kommende Woche finden jedoch erst einmal die schriftlichen Ersatztermine statt. Wer eine Prüfung wegen einer Covid-19-bedingten Abwesenheit oder einer anderen Erkrankung verpasst hat, kann diese – je nach Fach – zwischen 16. und 25. Mai nachholen. Das sind laut Bildungsministerium aber nicht viele. 432 Jugendliche versäumten die Mathe-Matura, 335 den Deutschtermin und 206 die Englischprüfung. Allerdings dürfte es sich wegen der zeitlichen Nähe der Termine oft um dieselben Schülerinnen und Schüler handeln: Wer beispielsweise am Tag der Mathe-Matura in Quarantäne musste, verpasste auch gleich die beiden anderen Fächer.

Dem STANDARD berichten Lehrerinnen, wie es ihnen selbst, aber auch ihren Klassen bei der schriftlichen Matura ergangen ist.

Die Abschlussklassen sind leer, die Zentralmatura ist vorbei, Ferien haben die Jugendlichen aber nicht. Die mündliche Matura findet heuer für alle statt.
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Maria Hitzginger: Erste Matura mit "top vorbereiteter" Klasse

Mitten in der Korrekturphase befindet sich derzeit Maria Hitzginger. Für die AHS-Lehrerin in der Wiener Donaustadt war es heuer – Corona-bedingt – die erste Deutschmatura; in den vergangenen zwei Jahren fiel die mündliche aus. Wie sie ihre Klasse vorbereitet hat? Neben Textarten und inhaltlichen Schwerpunkten wurden etwa die Grundregeln der Beistrichsetzung wiederholt.

Ihre 19 Kandidatinnen seien "top vorbereitet" gewesen. Das habe sie bereits beim Auspacken der Aufgaben gesehen: In der Klasse gab es große Erleichterung. Wählen konnten die Schüler aus drei Paketen. Das Gros behandelte das Thema Smartphone. Für Kunst/Kultur/Literatur mit einer vergleichenden Interpretation zweier Gedichte von Bertolt Brecht und Marie-Luise Kaschnitz konnte sich niemand begeistern.

Bis Hitzginger eine Arbeit fertig hat, vergehen rund zwei Stunden. "Man liest den Text öfter: auf Rechtschreibung und Grammatik, dann kontrolliert man, ob die Aufgaben erfüllt sind und ob Inhalt, Ausdruck und Struktur passen."

Als Nächstes steht die Mündliche an. Dass Deutsch gewählt wird, sei eher unüblich. Heuer hat Hitzginger sechs Prüflinge.

Claudia Bittner: Ab dem zweiten Jahrgang die "Matura im Hinterkopf"

Claudia Bittner ist durch: 18 Aufgabenhefte der Mathematikmatura hat sie korrigiert, darunter kein Fünfer. Und mündlich gibt es an ihrer HTL Wien-West keine Kandidatinnen. Wie viele Reifeprüfungen Bittner bereits abgenommen hat? In 22 Jahren waren es so viele, dass die Mathe-Lehrerin gar keine Zahl parat hat. Aber: "Es war meine neunte Zentralmatura. Ich war schon beim Probedurchgang dabei."

Was sich mit den standardisierten Klausuren an der HTL geändert hat? "Viel: Früher war es möglich, auf die Inhalte einzugehen, die für die Fachrichtung – in meinem Fall Maschinenbau – wichtig sind." Und seit der Zentralmatura? "Ab dem zweiten Jahrgang haben wir die Matura immer im Hinterkopf – wir sind nicht mehr flexibel." Auch das Verhältnis zu den Jugendlichen habe sich geändert: "Ich bin nicht mehr die Böse, die Aufgaben stellt, sondern diejenige, die hilft."

Und: Die Korrektur der Prüfungen sei mit der Zentralmatura jedenfalls einfacher geworden: "Die Antworten sind jetzt entweder richtig oder falsch. Es gibt einen Punkt oder nicht. Weil die Aufgaben voneinander sehr unabhängig sind, muss man auch nicht mit Folgefehlern rechnen."

Désirée Janner: "Ich hätte eher die schriftliche Matura erlassen"

Gespannt dürften nicht nur die 13 Schülerinnen eines Wiener Gymnasiums im vierten Bezirk auf ihr Abschneiden bei der Französisch-Matura warten. Neugierig ist auch ihre Lehrerin Désirée Janner. Beim Leseteil hätten sie keine Probleme gehabt, "beim Hören war’s für sie schon schwieriger", sagt sie.

Fragt man die Vorarlbergerin nach Herausforderungen im Maturajahr, fällt recht schnell das Wort Distance-Learning. Da litt das aktive Sprechen bei den Schülerinnen, sagt Janner. Manche seien online regelrecht verstummt. Auch die Frankreich-Woche fiel ins Wasser – und damit die Möglichkeit, ins französische Sprachbad einzutauchen. "Auch ich habe in der Zeit die Motivation etwas verloren."

Im Juni treten dennoch fünf Schüler zur Mündlichen an. Eine Chance, sich je nach Interesse zu vertiefen, findet Janner. Dass Maturanten gegen die Mündliche protestierten, kann Janner nur bedingt nachvollziehen. Auch dieser Jahrgang hätte sich dieselben Erleichterungen verdient, "ich hätte aber eher die Schriftliche gestrichen". Immerhin hätten die Schülerinnen bei den Schularbeiten schon bewiesen, dass sie die schriftlichen Anforderungen erfüllen. Die mündliche Matura hingegen sei der schöne Abschluss der Schullaufbahn, sagt sie. (Oona Kroisleitner, Elisa Tomaselli, 12.5.2022)