Er hat der Politik "für immer" entsagt. In der letzten Woche in einem langen Interview auf Servus TV, in einem ebenso langen Print-Interview in der Krone. Am Samstag beim ÖVP-Parteitag meldet sich Sebastian Kurz noch einmal, um Danke zu sagen und "die Partei zu unterstützen". Der lange Abschied. Das mit dem "für immer" wollen wir jetzt einmal glauben, auch wenn die massive Interviewdosis knapp vor der Wahl des neuen ÖVP-Obmanns Karl Nehammer als Spielverderberei interpretiert wurde.

Inszenierung und Machtwille machten die Substanz von Sebastian Kurz aus.
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Man kann das auch phänomenologisch sehen: Kurz war immer inszenierungsgetrieben. Inszenierung und Machtwille machten seine Substanz aus. Die Gelegenheit, sich einmal noch zu präsentieren, wollte er vermutlich nicht versäumen. Ein gewisser Wunsch nach Rechtfertigung ist wohl auch dabei. Kurz hat die ÖVP aus dem Jammertal in lichte Höhen geführt, um sie dann wieder in den gegenwärtigen Zustand zu schicken, den man mit "prekär" beschreiben könnte. Man hatte von ihm eine strahlende Zukunft erwartet, geworden ist es eine unleugbare Enttäuschung.

Können wir Kurz dann jetzt vergessen? Nicht wirklich, denn die Frage, wie eine solche Blenderei möglich war, bleibt ja. Kurz wollte Österreich schon verändern, aber nicht zum Besseren, sondern zu einer etwas softeren Orbán-Kopie. Außerdem ist Kurz jetzt für einen amerikanischen Superreichen tätig, der antidemokratische Kräfte finanziert. Das bleibt auf dem Radar. (Hans Rauscher, 13.5.2022)