Die Pottwalbestände im Mittelmeer sind in höchster Gefahr. Das Projekt "Save Whales" könnte einen wichtigen Beitrag leisten.
Foto: AP/Guam Variety News, Chris Bangs

Vor drei Jahren hat die Tierschutzorganisation Oceancare das interdisziplinäre Projekt "Save Whales" vorgestellt, mit dem in Zukunft Pottwale im östlichen Mittelmeer besser geschützt werden könnten. Im Sommer 2020 und 2021 wurde das Verfahren zur Ortung der Wale jeweils für drei Monate vor Südwestkreta erfolgreich getestet. Die ermutigenden Ergebnisse wurden nun im Fachjournal "Frontiers in Marine Science" veröffentlicht.

Erfolgreich, aber ...

Oceancare betont allerdings auch, dass "Save Whales" nicht die alleinige Lösung zum Schutz der Wale ist, sondern als eine Ergänzung zu betrachten sei: "Das System ist das fehlende Glied für einen wirksamen Schutz der Pottwale vor Schiffskollisionen – besonders dort, wo eine Umleitung der Schifffahrtsroute nicht möglich ist.

Die Schifffahrt sollte ohnehin langsamer werden", erläuterte Nicolas Entrup, der Direktor Internationale Beziehungen der NGO, die wichtigste Maßnahme. Trotzdem ist "Save Whales" ein nicht zu unterschätzender Erfolg zum Schutz der Meeressäuger, denn "wir wissen jetzt, dass die Rettung der Pottwale dank dieser bahnbrechenden Technologie machbar ist", meinte Alexandros Frantzis, wissenschaftlicher Leiter Pelagos Cetacean Research Institute.

30.000 Frachtschiffe gegen höchstens 300 Pottwale

Das Pilotprojekt vereint dabei Meeresbiologie, Unterwasserakustik, angewandte Mathematik, Computer-Netzwerktechnik, Informatik und Echtzeit-Schiffsverkehrsdaten, um die Wale so davor zu bewahren, von großen Schiffen gerammt zu werden. Höchstens 200 bis 300 Pottwale leben heute noch im östlichen Mittelmeer, "alarmierende Hinweise" des von Oceancare unterstützten Pelagos Cetacean Reserach Institute lassen befürchten, dass sich die Population in den vergangenen zehn bis 15 Jahren bereits auf 110 bis 150 Tiere halbiert hat, berichtet die NGO.

Die größte Gefahr für die bedrohten Tiere sind die rund 30.000 Frachtschiffe, die ihren Lebensraum jedes Jahr in hohem Tempo durchqueren. Mehr als die Hälfte der Pottwale, die tot an griechische Küsten gespült werden, seien nämlich Opfer von Zusammenstößen mit Schiffen. Laut Weltnaturschutzunion (IUCN) gelten Pottwale im Mittelmeer inzwischen als "stark gefährdet".

Die mehr oder weniger dunklen Zonen im Meer zeigen die wichtigsten Schifffahrtsrouten rund um den Peloponnes. Die roten Punkte markieren Pottwalsichtungen, die seit 1998 vom Pelagos Cetacean Research Institute
gesammelt wurden.
Grafik: OceanCare

Geringe Lokalisierungsunsicherheiten

Mit dem nun getesteten System können Pottwale akustisch wahrgenommen und ihre Bewegungen mit dem Schiffsverkehr abgeglichen werden, um dann den Kapitänen Echtzeitinformation zu liefern, damit diese eine Kollision vermeiden können. Dazu werden solarbetriebene Hightechbojen verwendet, deren Unterwassermikrophone über die Klicklaute der Wale ihren Aufenthaltsort bestimmen.

In den sechs Monaten der Anwendung konnten so insgesamt an 46 Tagen Pottwale nachgewiesen werden, das System erwies sich laut Oceancare dabei als effektiv und erfolgreich, es habe nur geringe Lokalisierungsunsicherheiten bei Entfernungen von bis zu sieben Kilometern gegeben.

Überzeugungsarbeit nötig

"Werden keine Maßnahmen ergriffen, stirbt die letzte Population von Pottwalen im Mittelmeer durch weitere Schiffskollisionen aus. Nun liegt der Fokus darauf, die griechischen Behörden vom Einsatz des Systems zu überzeugen – wie auch die anderer Staaten, in denen Pottwale ähnlichen Risiken ausgesetzt sind," beschreibt Entrup die notwendigen nächsten Schritte. Insgesamt bleiben die Verlegung von Schifffahrtsrouten außerhalb des Pottwal-Lebensraums weiterhin die wichtigste Einzelmaßnahme zur Vermeidung von Schiffskollisionen, ebenso wie eine Tempodrosselung der Schiffe, unterstrich Oceancare. (red, APA, 30.5.2022)