Hermann Schützenhöfer gab am Freitag seinen Rücktritt bekannt.

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Mit dem Abgang Hermann Schützenhöfers geht ohne Zweifel die Ära der alten ÖVP-Granden, der "Landesväter", zu Ende. Mit Landesrat Christopher Drexler kommt nun zwar auch kein taufrischer Politiker nach, aber er ist dennoch ein Repräsentant einer neuen politischen Generation.

Für Schützenhöfer ist der Zug der Zeit einfach schon zu schnell unterwegs gewesen. Er ließ in Gesprächen immer wieder durchklingen, wie schwer er sich mit den Veränderungen in der Gesellschaft, mit dem Wandel vieler seiner Werte tue. Dann schwenkte er meist rasch um und blickte nostalgisch zurück auf alte Zeiten, die er mit zahlreichen Schnurren aus den Anfangsjahren seines langen, schon 51 Jahre währenden Politikerlebens in Erinnerung hielt.

Der Berufspolitiker Schützenhöfer war eigentlich durch eine politisch absurde Konstellation in die Position des Landeshauptmanns gerutscht. Der ehemalige Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) hatte nach der Wahlniederlage 2015 völlig überraschend und zum Entsetzen seiner Parteifreunde den Landeshauptmannsessel, obwohl die SPÖ stärkste Kraft geblieben war, seinem Stellvertreter Schützenhöfer übergeben. Dieser hatte zuvor sehr geschickt und erfolgreich mit der Drohkulisse einer von der Bundespartei diktierten schwarz-blauen Koalition taktiert.

"Schützi", wie er landläufig in der Steiermark gerufen wird, hatte sich zeit seines Politikerlebens in der Rolle des ewigen Zweiten gut eingerichtet, nun stand er plötzlich ganz oben. Zuerst etwas verunsichert, fand er allmählich Gefallen daran, Landeshauptmann zu sein.

Nachlassverwalter

Politisch verwaltete Schützenhöfer in den folgenden Jahren das Erbe der gemeinsamen Zeit mit Voves, mit dem er die umstrittene Reform der Gemeindefusionen durchgesetzt hatte. Große eigene Würfe blieben aber aus.

Nach der Wahl 2019, die er als amtierender Landeshauptmann und mit Kurz-Rückenwind aus Wien gewann, tauchten erste Gerüchte auf, er werde bald an seinen Kronprinzen Drexler übergeben. Er war sich aber bis zuletzt nicht sicher, ob dieser auch wirklich geeignet sei. Schützenhöfers Lieblingsrolle ist jene des politischen Volksschauspielers. Er ist gerne "draußen bei den Leuten", fühlt sich bei Festen und Ehrungen am wohlsten. Der scharfzüngige Drexler ist, anders als der stets kalmierende Großkoalitionär Schützenhöfer, kein Politikertyp für die Feuerwehrfeste auf dem Land.

Aber die Zeit drängte, 2024 wird gewählt. Schützenhöfer musste sich jetzt entscheiden – er weiß, der jüngere, intellektuelle Drexler, dessen Beliebtheitswerte noch ziemlich ausbaufähig sind, braucht Zeit, damit sich die Steirerinnen und Steirer an ihn "gewöhnen". Schützenhöfer hatte zwar des Öfteren mit dem Gedanken gespielt, doch noch zu bleiben, aber die Entwicklung der Bundes-ÖVP, der Absturz, ließ in ihm ganz offensichtlich den Entschluss reifen, das Amt doch aus eigenen Stücken früher zu übergeben, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, womöglich aus dem Amt gewählt zu werden.

"Feindbild" Wien

Bemerkenswert an diesem Wechsel an der politischen Spitze der Steiermark: Die höchste Position im Land wird "übergeben". Ohne Diskussion, ohne Mitsprache der Partei, die die Entscheidung des Obmanns nur abnicken darf. Drexler hat jetzt die Chance, sich von diesen Traditionen endlich zu lösen und die steirische ÖVP in Richtung Moderne, wie er es bei seinem seinerzeitigen Mentor, dem Quergeist Gerhard Hirschmann, gelernt hat, zu begleiten.

Aufmerksam wird man den Wechsel natürlich auch in der Bundespartei beobachten. Drexler muss jetzt rasch für ein eigenes Profil sorgen, und da könnte er – ganz nach steirischem Brauch – sich an Wien zu reiben beginnen: ein altes erfolgreiches Rezept der steirischen Schwarzen. Und er wird auch in der Steiermark sehr rasch mit neuen Köpfen in der Landesregierung einen Neuanfang signalisieren müssen.

Interessant wird sein, wie der Koalitionspartner SPÖ auf die Machtübergabe in der ÖVP reagieren wird. Parteichef und Landeshauptmann-Vize Anton Lang ist auch schon 63, und die Partei wird sich fragen müssen, ob er als Vertreter der älteren Generation nun gegen den jüngeren Drexler antreten soll. Aber anders als in der ÖVP ist in der roten Partei weit und breit kein "Kronprinz", keine Nachfolgerin in Sicht. (Walter Müller, 3.6.2022)