Wenn die Stadt sich in den Sommermonaten aufheizt wie ein Backofen, klingt ein Swimmingpool auf dem Dach für die meisten Menschen plötzlich sehr verheißungsvoll. Platz wäre da oben, wenige Schritte von der Wohnung entfernt, ja genug: Viele Dächer der Stadt sind ungenutzt – oder den Besitzerinnen und Besitzern teurer Dachgeschoßwohnungen vorbehalten.

Von der "Biotope City" in Wien-Favoriten blickt man auf den Wienerberg.
Foto: Wien Süd

Dafür dass ein Swimmingpool nicht nur in Kombination mit teuren Penthouse-Wohnungen oder einem Einfamilienhaus auf dem Land funktioniert, gibt es dennoch Beispiele: Gemeinnützige Wohnbauträger nutzen die Flächen ganz oben gern für Gemeinschaftsgärten oder Schwimmbecken, die allen Hausbewohnerinnen und Hausbewohnern offenstehen. Von Anfang Mai bis Ende September dauert die Badesaison auf den Dächern, wenn es das Wetter zulässt.

Die vielleicht berühmtesten dieser Swimmingpools befinden sich im 23. Bezirk. Hier hat der Architekt Harry Glück auf den Dächern des Wohnparks Alterlaa in den 1970er-Jahren gleich sieben Pools mit Fernblick geschaffen. Heute sind Schwimmbecken auf den Dächern über die ganze Stadt verteilt, etwa in der Wiener Seestadt Aspern, im Kabelwerk in Wien-Meidling und am Wienerberg im zehnten Bezirk.

In der Badehose auf dem Dach

Ein netter Nebeneffekt: Diese Gemeinschaftsflächen wirken sich positiv auf das Miteinander im Haus aus. "Die Menschen sind da oben in der Badehose, egal ob die von Hofer oder Versace ist", sagt Christoph Anderle von der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Wien Süd: "Das ist eine niederschwellige Begegnung der Menschen untereinander." Auch die Wohnqualität und -zufriedenheit lassen sich damit steigern. Und das wiederum schaffe Identifikation mit der Anlage.

Blick über Simmering: ein Wohnprojekt der Wien-Süd.
Foto: Wien Süd

Noch ein Vorteil: Mit den Angeboten auf dem Dach lässt sich die Freizeitmobilität reduzieren. Menschen fahren also am Wochenende nicht mit dem Auto ins Grüne und verstopfen die Straßen, sondern schlurfen zum Garteln oder Planschen ein paar Stiegen hinauf.

Dass die Pools bei Mieterinnen und Mietern gut ankommen, mache sich auch an der Vormerksituation der Projekte bemerkbar, sagt Andreas Weikhart, Vorstand der Wien Süd: "Wir kriegen genug Rückmeldungen, wie toll es ist, dass man ein Schwimmbad oben hat."

23 Pools fertig

Die Wien Süd setzt schon seit Jahrzehnten auf Pools: 1989 machte man mit der "Verdi-Siedlung" im 23. Bezirk den Anfang. Das erste Becken auf einem Dach entstand 1995 in der Wohnhausanlage Engerthstraße 257 im zweiten Bezirk. Insgesamt hat das Unternehmen bisher 23 Pools fertiggestellt.

Möglich ist das aber nur, wenn die Projektgröße stimmt: "Unter 150 Wohnungen geht es sich nicht aus", sagt Weikhart. Bei Wohnhäusern dieser Größe würden die Errichtungskosten des Pools nie über zwei Prozent der Gesamtbaukosten hinausgehen. Der Betrieb eines Pools kostet etwa 30.000 Euro im Jahr – hauptsächlich deshalb, weil laut Wiener Bäderhygienegesetz zweimal am Tag die Wasserqualität gemessen werden muss. Insgesamt seien die Betriebskosten für die Bewohnerinnen und Bewohner am Ende allerdings nicht höher als in anderen Häusern.

Vor drei Jahren übergab die Sozialbau einen ebenerdigen Pool samt Wohnprojekt in Wien-Liesing.
Foto: Sozialbau

Swimmingpools hat auch die Sozialbau AG im Angebot: Elf Outdoor-Pools gibt es in Häusern des gemeinnützigen Wohnbau-Unternehmens, der neueste wurde im Stadtentwicklungsgebiet In der Wiesen Ost in Liesing vor drei Jahren übergeben. Weitere Projekte sind derzeit nicht geplant.

Keine reservierten Liegen

Abkühlung bietet auch der freifinanzierte Bereich: Der Bauträger Soulier hat im Sonnwendviertel beim Wiener Hauptbahnhof 2020 das Wohnprojekt Adele fertiggestellt. Hier ist neben 283 Mietwohnungen ein ebenerdiger Swimmingpool entstanden. "Wir sind voll vermietet", sagt Geschäftsführer Clemens Bauer. "Sicher auch wegen der Außenflächen." Beim Pool mache sich derzeit aber bemerkbar, dass viele Menschen aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückgekehrt sind und sich nicht mehr in der Mittagspause abkühlen. Unter der Woche sei es nun daher ruhiger.

Im Wohnprojekt Adele im Sonnwendviertel hat Soulier einen ebenerdigen Pool geschaffen.
Foto: Soulier

In der Hausordnung wurde ein "Fair Use" des Pools festgeschrieben. Ein Reservieren der Liegen ist nicht erlaubt. Probleme habe es bisher aber ohnehin keine gegeben. Einzig ein paar Kinder aus der Nachbarschaft seien im Vorjahr fallweise unerlaubterweise in den Poolbereich eingedrungen, ihnen sei mit der Polizei gedroht worden. Bei Soulier plant man auch in einem Wohnprojekt in der Kelsenstraße 5–7 im dritten Bezirk nun einen Pool.

Die schlechte Nachricht für jene, bei denen man auf dem Dach noch keine Wasserbombe machen kann: Der nachträgliche Einbau eines Pools ist meist zu teuer und aufwendig. Bleibt nur der Umzug. Oder der Gedanke an den nasskalten Herbst. (Franziska Zoidl, 18.6.2022)