Es war eine mutige Entscheidung, die Impfpflicht einzuführen. Vielleicht eine Spur zu mutig. Auf dem damaligen Wissensstand war sie aber richtig. Und Österreich war Vorreiter, das kommt auch nicht so oft vor. Dass die Landeshauptleute, die diese Entscheidung herbeigeführt hatten, schon kurz darauf Flausen bekamen und schrittweise wieder davon abrückten, war der Beginn einer völlig verkorksten Kommunikation. Die Politik konnte der Bevölkerung Sinn und Notwendigkeit des Impfens nie glaubhaft nahebringen.

Impfen ist wichtig und richtig, man kann die Leute aber nicht dazu zwingen.
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Aus heutiger Sicht ist es klar, dass die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht eine überzogene Maßnahme war. Und dass sie nicht den erwünschten Effekt gebracht hat. Im Gegenteil. Die Impfpflicht verstärkte die Polarisierung, von der die Bevölkerung im Kampf gegen Corona erfasst wurde. Die Fronten wurden härter und unerbittlicher, eine sinnvolle, wertschätzende Kommunikation war kaum mehr möglich.

Dass die Regierung einen Fehler einsieht und ihn auch als solchen eingesteht, kommt selten genug vor. Das Vorgehen war völlig vermurkst, letztendlich hat man richtigerweise die Notbremse gezogen und die Entscheidung revidiert. Dafür kann man die Regierung ruhig auch einmal loben.

Impfen ist wichtig und richtig, man kann die Leute aber nicht dazu zwingen. Vielleicht bringt der Appell zur Eigenverantwortung mehr als die staatliche Bevormundung. Man soll den Glauben an die Intelligenz der Menschen nie aufgeben. (Michael Völker, 25.6.2022)