Die südkoreanische Choreografin Geumhyung Jeong und ihr männlich konnotiertes Puppenarsenal. Ihre Personale findet im Mumok, in der Akademie der bildenden Künste Wien und im Kasino am Schwarzenbergplatz statt.
Foto: Kanghyuk Lee

Können Geräte zu "Freunden" des Menschen werden? "K.I.T.T" aus der TV-Serie Knight Rider, das Telefon wie in Spike Jonzes Film Her oder vielleicht "intelligente" Reiskocher wie in der Performance Cuckoo von Jaha Koo? Die Künstlerin Geumhyung Jeong ist realistischer und bezeichnet die teils robotischen, KI-freien Objekte in ihren Performances und Installationen als "Mitarbeiter".

Das Festival Impulstanz präsentiert sechs Schlüsselwerke aus dem Œuvre der 1980 in Seoul geborenen Südkoreanerin: als Personale im Mumok, in der Akademie der bildenden Künste Wien und im Kasino am Schwarzenbergplatz. Schon 2014 hat die gefeierte Künstlerin mit ihrer sexuell aufgeladenen Performance Oil Pressure Vibrator bei Impulstanz Aufmerksamkeit erregt. Zwei Jahre später zeigte das Brut-Theater die Installation CPR Practice, in der Jeong einer Reanimationspuppe das "Leben" zu retten versucht.

Mittlerweile bespielt die Tänzerin, Schauspielerin und Animationsfilmerin auch Räume der bildenden Kunst. Sie hat ihre Werke prominent in der Londoner Tate Modern zur Schau gestellt, ebenso bei der Biennale von Venedig, im New Yorker New Museum oder in der Kunsthalle Basel. Geumhyung Jeong ist lizenzierte Baggerfahrerin, den entsprechenden Führerschein hat sie in Korea extra für Oil Pressure Vibrator gemacht. Und sie baut alle ihre Roboter, mechanischen oder nicht mechanischen Puppen und Marionetten selbst. Als Tänzerin und Choreografin fällt Geumhyung Jeong mit ihren speziellen Arbeiten eine Alleinstellungsposition zu.

ImPulsTanz

Körpererweiterungen

Im Interview mit dem STANDARD erklärt sie: An der Verbindung zwischen Mensch und Apparat interessiere sie, "wie wir die Maschine in Bewegung bringen, indem wir sie einschalten, nutzen oder bewegen, und wie die Maschinen durch ihr Design unsere Körperbewegungen bestimmen". Jeongs eigene Bewegungen kommen ohne Tanzstil aus, aber manche Passagen ihrer Performances wären ohne besonderes Training nicht zu bewältigen.

"Ich habe an der Uni Theater studiert", sagt sie, "und war tief beeindruckt von Puppen- und Objekttheater, von Kindertheater und Pantomimen: Wie mit einfachen Objekten magische Szenen entstanden." Wenn also "ohne spezielle Technologien, nur durch die gekonnten Spiele der Performer, faszinierende Charaktere geschaffen wurden".

Ihr geht es um "die Bewegung des Puppenspieler-Körpers, die in einem zauberhaften Moment unsere Aufmerksamkeit auf die Puppen oder Objekte lenkt". Ein Schlüsselsatz: "Puppenspiel, Robotik und in Betrieb gesetzte Maschinen ähneln einander, wenn wir sie als Körpererweiterungen sehen."

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Erotische Anspielungen

Während ihrer Performances holt Jeong ihre männerähnlichen "Mitarbeiter" ganz nahe an den eigenen Körper heran. Oft performt die Künstlerin nackt, und sie spart nicht mit deutlichen, oft ironischen Anspielungen auf die erotischen Aspekte der Beziehungen zwischen Menschen und ihren mechanischen Körpererweiterungen. Die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge von Jeongs Werk reichen zurück bis zu den Mythen von Prometheus und dem Pygmalion, sie sind verbunden mit Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater und E. T. A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann und münden in den Mensch-Maschine-Diskurs der Gegenwart.

Mit ihren Lowtech-Automaten erinnert die Performerin daran, wie manisch die Spezies Mensch Spiegelbilder von sich erschafft. In ihren Installationen stellt Jeong auch Einzelteile ihrer Konstruktionen aus: einfache Gummiräder, Drähte oder Plastikteile. Das Charisma ihrer "Roboter"-Figuren entsteht durch deren einfache Bewegungsmuster und die Klarheit der Rollenverteilung: Ohne die choreografische Kontrolle ihrer Puppenspielerin bleiben die Maschinen leblos.

In Spa & Beauty verpasst die Künstlerin ihren Objekten noch einen weiteren Kontext: Es geht um das gestörte Verhältnis zum Körper, um die Produkte, die diese an kulturelle Vorstellungen von Schönheit angleichen. Jeongs Werk äußert sich kritisch über das Verschwinden der Bindung zwischen Menschen und ihren Körpererweiterungen durch die KI- und Cyborg-Industrien. Führt das zu Freundschaften? Unwahrscheinlich. (Helmut Ploebst, 7.7.2022)