Wolfgang Urbantschitsch, der Vorstand der E-Control, war am Montagabend in der "ZiB2" zu Gast.

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Wien/Moskau – Der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, sagt, man müsse "damit rechnen, dass weitere Lieferunterbrechungen" bei den Gaslieferungen aus Russland drohen oder weiterhin geringere Mengen von dort ankommen. Bei einem raschen Totalausfall könne Österreich über den Sommer kommen, es müsse aber rasch bei den Quellen diversifiziert werden, so Urbantschitsch in der ORF-"ZiB2" am Montagabend. Um die Preise zu drucken, brauche es europäische Lösungen.

Ungewissheit

Wenn kein russisches Gas mehr nach Österreich gelangen sollte, sei das Ziel, die Speicher bis zum Winter mit 80 Prozent zu füllen, "schwierig zu erreichen". Dazu müssten noch rund 30.000 Gigawattstunden Gas eingespeichert werden, ging aus kürzlichen Angaben hervor. Aktuell liege der Speicherstand bei 48 Prozent, so Urbantschitsch.

Auch ohne den derzeit für Wartungen gestoppten Fluss der Nord Stream 1 Pipeline durch die Ostsee von Russland nach Nordostdeutschland könne es gelingen, den Speicherstand weiter leicht zu steigern. Derzeit weiß aber ob des russischen Kriegs in der Ukraine niemand, ob Moskau den Gashahn nach den eigentlich routinemäßigen Wartungsarbeiten auch wieder aufdreht. Wenn Russland die Nord Stream wieder aufdrehe, sei das Ziel von 80 Prozent ganz gut erreichbar, so Urbantschitsch.

E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch in der "ZiB2".
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Mögliche Einschränkungen im Krisenfall

Thematisiert wurde auch, womit in einem Krisenfall zu rechnen sei. Privatverbraucher sollen dann bekanntlich bei der Energieversorgung priorisiert werden. ORF-Moderator Armin Wolf fragte aber, ob auch Privatverbraucher im Ernstfall mit Einschränkungen rechnen müssten, dass es etwa nur zu bestimmten Tageszeiten Warmwasser gebe, man in der Nacht nicht heizen dürfe oder Heizschwammerl in Gastgärten nicht betrieben werden dürften.

Urbantschitsch antwortete darauf: "Es ist durchaus möglich, dass in einem solchen Energielenkungsfall nicht nur Sparaufrufe erfolgen, sondern verpflichtende Sparmaßnahmen verordnet werden. Gewisse Anwendungen sind nicht notwendig, jedenfalls nicht in so einem Krisenfall".

Der Experte geht auch davon aus, dass es "nochmals zu einer sehr starken Preissteigerung auf den Endkundenmärkten kommen wird". Die Großhandelspreise seien massiv gestiegen und werden auch in einer gewissen Höhe bleiben. Endkunden würden dies erst Ende des Jahres oder kommendes Jahr spüren. Wie hoch die Preissteigerung konkret ausfallen würde, wollte Urbantschitsch nicht konkretisieren.

Skepsis zu Strompreisdeckel

Um die Preise für die Verbraucher im verkraftbaren Bereich zu halten, plädierte Urbantschitsch für europäische Lösungen. Die Preisdeckel in Spanien und Portugal etwa seien nur möglich, weil deren Stromnetz "relativ vom europäischen abgekoppelt" sei.

Bei einem Strompreisdeckel in Österreich ist die Energie-Regulierungsbehörde skeptisch. "Würde Österreich selbst den Strompreis deckeln in Form eines Eingriffs in die Großhandelspreise, dann hätte das den Effekt dass der österreichische Steuerzahler für etwas bezahlt, von dem andere Kundinnen und Kunden in anderen Ländern auch profitieren würden", sagte Urbantschitsch schon zuvor. Auch beim hohen Gaspreis brauche es eine gemeinsame europäische Lösung. Dabei sind sich AK und E-Control einig, hieß es zuvor in der "ZiB1". (APA, red, 11.7.2022)