Was bei Hyundai der Ioniq war bei Kia der Niro, wenn auch mit anderem Konzept: nicht Fließheck, sondern im gefragten kompakten SUV-Segment. Den Koreanern ging es darum, Fahrzeuge auf die Räder zu stellen, die ausschließlich auf alternative Antriebe ausgelegt waren, nämlich Voll-, Plug-in-Hybrid und rein elektrisch. Die Akronyme dazu lauten in gewohnt inselsächsisch-sprachimperialem Duktus: HEV, PHEV und EV. Motto: Elektrifizierung für alle, oder, ganz nach Shakespeare: wie es euch gefällt. Und nein, Kona und Niro hatte bisher wenig miteinander zu tun: der Hyundai basiert auf einer anderen Plattform als der ausgelaufene Kia, außerdem gibt es den auch konventionell motorisiert.

Das P.T. Publikum hatte die Wahl, es hat bisher weltweit 350.000-mal gewählt und dabei in unseren Breiten ganz klar votiert, wie Kia-Österreich-Sprecher Gilbert Haake anlässlich der Präsentation der Neuauflage ausführt: rund 90 Prozent elektrisch, zehn Prozent Hybrid (vor allem ältere Klientel) "und ein paar Zerquetschte bei Plug-in".

Das Frontfach im Elektro-Niro fasst 20 Liter, die Ladekabel lassen sich dort sauber verstauen und stören dann hinten im Kofferraum nicht.
Foto: Werk

Das wird in zweiter Generation nicht viel anders sein, so die Erwartungen, und um dies gleich vorwegzunehmen: Kia kann auch liefern. Selbst beim elektrischen (EV) Niro geht die Wartezeit kaum über ein halbes Jahr hinaus.

Es ist dies übrigens der erste Kia auf der neuen Plattform K3, der Niro hat bei den Abmessungen überall moderat zugelegt, außer beim Gewicht (bis zu 60 kg leichter), und der EV ist 25 mm höher als HEV und PHEV, da die 64,8-kWh-Batterie unterzubringen war. Den größten Kofferraum, falls der für Sie ein entscheidendes Kriterium sein sollte, hat übrigens der EV: 475 Liter, gefolgt von HEV (451) und PHEV (348), und angehängt schleppen HEV und PHEV 1300 kg, der EV 750.

Allzeit bereit

Wenn wir schon bei den trockenen Daten sind: Der nur hybride Niro leistet 104 kW (141 PS), der Plug-in 135 kW (184 PS), der batterieelektrische 150 kW (204 PS), der Plug-in kommt mit seinem 11,1-kWh-Akku 65 km weit in Stromfahrt, der batterieelektrische 460. Letzterer lädt übrigens mit maximal 80 kW, Wärmepumpe ist Serie, das Nämliche gilt für die Batterievorkonditionierung, die dafür sorgt, dass der Akku schon vor der angelaufenen Ladestation die optimale Betriebstemperatur für ruckzuckiges Laden hat, allzeit bereit oder so.

Mit dem Niro EV, wie der rein elektrische bezeichnet wird, geht die saubere Reise bis zu 460 km weit, es gibt aber nur eine Batteriegröße und Leistungsstufe.
Foto: Werk

Und damit stopp und rein ins schon außen modern, wenngleich etwas extravagant designte Auto, die Philosophie dazu nennt sich auf Neukoreanisch "Opposites united". Innen also: klar und aufgeräumt alles. Das HUD (Head-up-Display) sorgt dafür, dass man den Blick stets am Verkehrsgeschehen belässt, der Dachhimmel ist Öko made in Austria – aus Tencel von Lenzing, rezykliert aus Textilabfällen.

Der ökologischste, der Elektro-Niro, fährt sich anstandslos sauber, obwohl er der schwerste Brocken im Trio ist, der Normalbetrieb ist Eco, wählt man über die Taste links unten am Lenkrad Sport an, geht es richtig zügig vorwärts, und auch das Antriebsgeräusch – in vielen E-Autos kann das Gesurre beim Beschleunigen ja richtig nerven – hält sich dezent im Hintergrund.

Weniger gefallen im dynamischen Kapitel haben PHEV und HEV. Weil: holpriges Fahrwerk bei kurzen Wellen. Und beim HEV kommt dann noch ein extrem teigiges, synthetisches Gefühl am Gaspedal hinzu. Der oben skizzierten Hauptklientel wird das aber egal sein, dort zählen vor allem die im Verhältnis zu den anderen Niros günstigeren Preise in Kombination mit einem halbwegs reinen Umweltgewissen.

Unsere Empfehlung? Ganz klar der Elektro-Niro. Prima Auto, mit dem Kia weiter bei der ökoaffinen Klientel punkten wird. Wie ernst der Fernost-Autobauer in dem Kapitel mittlerweile genommen wird, belegt auch die aktuelle Neuzulassungsstatistik in Europa. Da kommt Kia hinter Tesla und noch vor Volkswagen auf Rang zwei. Getrieben ist der Erfolg ganz klar vom: Kia EV6. (Andreas Stockinger, 15.7.2022)