Mario Eustacchio wird in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt um die missbräuchliche Verwendung von Partei- und Klubgeldern der FPÖ Graz als Beschuldigter geführt.

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"Ich bin ja erst 25 Jahre alt, und erst seit November trag ich hier die Verantwortung", betont Alexis Pascuttini, seit Ende 2021 der neue Klubobmann des FPÖ-Gemeinderatsklubs in Graz, wenn man ihn fragt, wie die Aufklärung des Finanzskandals, der die Partei Ende 2021 aus den Fugen hob, so läuft. Er und die neue Stadtparteichefin Claudia Schönbacher täten "alles, um das maximal aufzuklären", der Gemeinderatsklub der Grazer FPÖ sei zudem wie die Stadtpartei selbst Privatbeteiligte im Verfahren, so Pascuttini.

Der neue Klubobmann des Grazer Gemeinderatsklubs Alexis Pascuttini lässt sich seit Jahresbeginn jedes Quartal in die Bücher schauen.
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Doch gar so viel ist seit November tatsächlich noch nicht weitergegangen. Zur Erinnerung: Wenige Wochen nach der Wahlschlappe im September 2021, in deren Folge die schwarz-blaue Koalition von Ex-Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und seinem Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) endete, schlug ein Whistleblower im Oktober Alarm über den Missbrauch von Klubförderungen.

Geplatzte Bombe

Der damalige Klubdirektor und Finanzreferent Matthias Eder zeigte sich selbst an, trat aus der Partei aus und überwies als Schadensbegrenzung 700.000 Euro auf ein Konto der Staatsanwaltschaft Graz. Gegen den Verdacht, Eder sei ein Bauernopfer der FPÖ, verwahrte man sich bei dieser. Nach Berichten in der Kleinen Zeitung traten auch Eustacchio und der damalige Klubchef Armin Sippel zurück. Die Grazer FPÖ brauchte eine neue Parteispitze.

Der Whistleblower hatte einigen Medien minutiöse Auflistungen über Ausgaben des Grazer FPÖ-Klubs von 2014 bis 2019 geschickt – DER STANDARD berichtete. Zahlungen an rechtsextreme Vereine, wie die Identitäre Bewegung und Burschenschaften, waren darin ebenfalls aufgelistet wie regelmäßige Ausgaben für Suchtberatungen oder Vereine, die just Tage nach dem Bekanntwerden der fragwürdigen Geldflüsse aufgelöst wurden.

Über eine Million Euro "nicht zuordenbar"

Der von der Partei beauftragte Rechnungsprüfer Karlheinz Morré kam nach seinen Prüfungen auf rund 1,2 Millionen Euro "nicht zuordenbarer Kontobewegungen". Viel Geld soll Vorwürfen zufolge an Eustacchio und Sippel selbst gegangen sein. Eustacchio soll von 2014 bis 2021 Barabhebungen von mehreren 100.000 Euro getätigt haben. Jährlich habe er sich bis zu 60.000 Euro als "Verfügungsmittel" gegönnt, Spesen- und Bewirtungskosten exklusive. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Nachdem ein halbes Jahr bemerkenswert wenig geschah, gab die Staatsanwaltschaft Graz erst im April die Ermittlungen wegen Befangenheit zweier Staatsanwälte an Klagenfurt ab. Die dortige Staatsanwaltschaft führt Sippel und Eustacchio im Ermittlungsverfahren als Beschuldigte. Frühestens Ende August sollen die Ermittlungen abgeschlossen sein, heißt es am Dienstag auf STANDARD-Anfrage. Ob die Beschuldigten selbst endlich einvernommen wurden, könne man nicht kommentieren.

Ex-Klubobmann im Gemeinderat Armin Sippel. Auch gegen ihn wird ermittelt.
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Doch genau das, so behauptet ein weiterer Partei-Insider, der anonym bleiben will, soll noch immer nicht geschehen sein. Vor einer Aussage Sippels sollen sich demnach nämlich viele fürchten. Er gelte als "schwächstes Glied" in einer Kette, die mauert und im Hintergrund auch Eustacchio weiter die Fäden ziehen lasse.

Gespaltene Partei

Durch die Grazer FPÖ soll nach der Übernahme von Pascuttini und Schönbacher ein tiefer Graben verlaufen. Auf der einen Seite stehen Eustacchio-Getreue und "Aufpasser" aus der Landespartei. Wenn nämlich nur ein Teil der Vorwürfe aus den ursprünglichen Dokumenten des Whistleblowers der Überprüfung der Staatsanwaltschaft standhält, wird das ziemlich sicher auch für die Landespartei und die Bundespartei unangenehme Folgen haben. Laut Insidern drohte die Causa der FPÖ schon vor der Wahl im September 2021 um die Ohren zu fliegen.

Die neue Stadtparteichefin Claudia Schönbacher mit Landes-FPÖ-Chef Mario Kunasek am Stadtparteitag im März.
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Immerhin geht es um mutmaßlichen Missbrauch von Steuergeld. Öffentlich kommunizieren die Grazer wie auch die steirische FPÖ, dass sie für Transparenz und Aufklärung stehen. Der Grazer Klub vollzieht seit 2022 einen öffentlichen Kassasturz pro Quartal, im Zuge dessen einzelne Medien eingeladen werden, sich die Bücher anzusehen.

Mitte Juli war dies die Kleine Zeitung. "Weil die durch ihre Berichterstattung geholfen haben, dass das letztes Jahr überhaupt alles aufgeflogen ist", sagt Pascuttini. Mario Kunaseks Landespartei suggeriert nach außen ebenfalls – schon durch die Einsetzung von vier Rechnungsprüfern im Herbst 2021 – den Willen zur Aufklärung, den ihr Partei-Insider aber nicht abkaufen wollen. Hier werden eher Eustacchio-Treue vermutet.

DER STANDARD schickte der Landespartei Fragen zu sehr konkreten Vorwürfen. Sie wurden nicht beantwortet, sondern mit dem Hinweis an den Anwalt Christoph Völk quittiert, da sich die FPÖ Steiermark selbst als "Geschädigte" sehe und sich "dem Strafverfahren ebenfalls als Privatbeteiligte angeschlossen" hat. Der Grazer Gemeinderatsklub lässt sich in dem Verfahren übrigens von einem anderen Anwalt vertreten, von Michael Dohr.

Auch an den Bundesrechnungshof will einer der Whistleblower dieser Tage Unterlagen übermittelt haben. Ohne neues Parteiengesetz wird man aber dort möglicherweise nicht viel mit den Unterlagen anfangen können. (Colette M. Schmidt, 19.7.2022)