Im ÖPR-Medium "Junges Leben" finden sich immer wieder Belege für alte Weltanschauungen.

Foto: Welser Antifa

In Wels soll von 16. bis 18. September der sogenannte Burschentag abgehalten werden. Das ist ein Treffen der deutschnationalen Mittelschülerverbindungen des Österreichischen Pennälerrings (ÖPR). Da einige der Verbindungen wiederholt mit Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut oder gar neonazistischen Vernetzungen aufgefallen sind, hagelt es Kritik von mehreren Seiten an diesem Treffen. Vor allem richtete sich der Unmut gegen FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl, denn die Stadt Wels fördert die Veranstaltung mit 5.000 Euro.

Völkische Männerbünde

Allen voran äußerte sich Werner Retzl von der Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa), die seit 25 Jahren Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit leistet: "Die völkischen Männerbünde lehnen die österreichische Nation ab und schließen die weibliche Hälfte der Bevölkerung von der Mitgliedschaft aus. Ergänzt wird das Bild des Pennälerrings durch die Mensur, ein absurdes Männlichkeitsritual, bei dem sich in den ÖPR-Verbindungen schon Jugendliche blutig schlagen", sagt Retzl. "Fest steht: Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, welches demokratiefeindliche Gedankengut hinter dem geplanten 'Burschentag' steht."

Für das Gedankengut, das bei einigen der Verbindungen, die als feierlichen Abschluss des dreitägigen Burschentags einen Festkommers in der Stadthalle planen, immer wieder öffentlich aufflackerte, gibt es viele Beispiele. So empfahl die Gastgeberin, die Gothia Wels, auf ihrer Homepage das neonazistische "Nationale Info-Telefon" als "bestes tägliches Informationsmedium für Querdenker", kritisiert Retzl.

Lied für NSU-Mann

Weiters erinnert er in einer Aussendung daran, dass zum ÖPR auch die Germania Ried gehöre, die den deutschen Neonaziliedermacher Fylgien zu einem Konzert eingeladen hat. Dieser hatte den verurteilten Unterstützer der Terrororganisation NSU, Ralf Wohlleben, in einem Lied besungen. Auch die Germania Wiener Neustadt dürfte selbst einschlägig nicht versierten Bürgerinnen und Bürgern noch etwas sagen: Das ist die Verbindung, die durch ihr antisemitisches und rassistisches Liederbuch auffiel.

Das 2018 öffentlich bekannt gewordene Liederbuch der Germania Wiener Neustadt befindet sich heute im Besitz des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, das es dem Haus der Geschichte geliehen hat.
Foto: DÖW

Als Fans von Martin Sellner und der Identitären Bewegung (IB) outeten sich in der Vergangenheit unter anderem die Eysn zu Steyr, die Sellner zu einem Vortrag einlud, und die Quercus-Markomannia Linz. Ein Mitglied Letzterer appellierte auf dem Burschentag 2016 an die Teilnehmer, die IB zu unterstützen: "Sie warten darauf, dass auch wir mit jeder Faser unseres Herzens alles geben, um nicht unterzugehen, um nicht diesen Kampf der Kulturen zu verlieren!" Das war bevor publik wurde, dass der Attentäter von Christchurch Sellner Geld gespendet hatte.

Rechtsextreme Lektüren

Aber auch der Lesestoff der ÖPR-Burschen ist bemerkenswert. Ihre Zeitschrift "Junges Leben" bewarb rechtsextreme Publikationen wie jene der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP). Die AFP wurde vom Verfassungsjuristen Heinz Mayer als neonazistisch eingestuft. "Die ÖPR-Zeitschrift pries auch Bücher des Rechtsextremisten Rolf Kosiek und des Holocaust-Leugners Gerd Zikeli an", erinnert Retzl.

Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl sei mit der Unterstützung des Treffens "lupenreiner Förderer des Rechtsextremismus", klagt der oberösterreichische Landesvorsitzende des Bunds Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, Samuel Puttinger, an.

"Zeigen Sie klare Kante, Herr Landeshauptmann!", fordert SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sabine Schatz von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). "Seit Jahren führt Oberösterreich die Statistik mit den meisten rechtsextremen Straftaten bundesweit an. Maßnahmen, die diesem Trend entgegenwirken, fordern wir seit Jahren von der schwarz-blauen Landesregierung erfolglos ein", kritisiert Schatz weiter.

"Politische Geiselhaft"

Der oberösterreichische Landessprecher der KPÖ, Michael Schmida, sieht wie Schatz die ÖVP auf Landesebene sowie in Wels in "politischer Geiselhaft von Rechtsextremen". Dies sei "eine Schande sondergleichen" für eine "der drei Gründerparteien der Zweiten Republik, die eigentlich einem antifaschistischen Verfassungsauftrag verpflichtet wäre".

"Die Fakten zum Pennälerring müssen alle demokratischen Kräfte alarmieren", ist auch der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich, Willi Mernyi, überzeugt. "Der Burschentag ist eine Verhöhnung der NS-Opfer."

"Ideologisierung junger Männer"

"Der ÖPR ist als solcher kein aktivistischer Verband", sagt der Politikwissenschafter Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), "seine Mitgliedsbünde spielen aber eine wichtige Rolle in der politischen Sozialisation und Ideologisierung junger Männer im deutsch-völkischen Sinn, was sie wiederum zu Kaderschmieden der FPÖ und der österreichischen extremen Rechten insgesamt macht. Die Frequenz, in der Mitgliedsbünde des ÖPR im einschlägigen – rechtsextremen – Sinne auffällig werden, ist bemerkenswert hoch."

Bürgermeister Andreas Rabl versteht die Aufregung über die Veranstaltung nicht und weist darauf hin, dass die Stadt Wels auch das Jahrestreffen des Mittelschüler-Kartell-Verbands (MKV) im Juni gefördert hat. "Ich mag es nicht, wenn Gruppen pauschal verurteilt werden", sagt Rabl dem STANDARD. "Ich gehe davon aus, dass bei der Veranstaltung alle Gesetze eingehalten werden. Es ist eine große Veranstaltung, und große Veranstaltungen sind in Wels willkommen."

Mit den bei einigen Verbindungen aufgetauchten Vorfällen wie beispielsweise dem Liederbuch der Germania Wiener Neustadt konfrontiert, wollte Rabl diese nicht weiter kommentieren.

Rabl: Stadthalle nicht gratis

"Dass die Antifa mit der Veranstaltung ein Problem hat, wundert mich nicht", so Rabl weiter, "in meiner Amtszeit ist auch ein Mahnmal für Opfer des NS-Regimes in Wels errichtet worden, das hat auch einigen nicht gepasst".

Dass er die Welser Stadthalle gratis zur Verfügung stelle, dementierte Rabl, die Kosten für diese seinen in den 5.000 Euro enthalten.

Für Oberösterreichs Grüne äußerte sich am Mittwoch Extremismus-Sprecherin und Landtagsabgeordnete Anne-Sophie Bauer "Sich gegen den Rechtsextremismus zu stellen und dann dieses unsägliche Treffen abzunicken, der Opfer der NS-Ideologie zu gedenken und dann diesen Burschentag nach Wels reinzulassen und dann noch mit Steuergeld zu fördern – das geht einfach nicht. Oberösterreich und Wels brauchen diese Ewiggestrigen nicht." (Colette M. Schmidt, 20.7.2022)