Sarah Zadradil (Mitte) und ihre Teamkolleginnen wurden von Deutschland immer wieder unter Druck gesetzt.

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Das bittere 0:1 nach einem individuellen Fehler in der ÖFB-Abwehr.

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Am Ende war nur mehr Enttäuschung.

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Brentfor – Für Österreich ist die Fußballeuropameisterschaft in England vorbei. Das Team von Irene Fuhrmann musste sich am Donnerstag im Viertelfinale Deutschland mit 0:2 (0:1) geschlagen geben und damit die Heimreise antreten. Magull und Popp sorgten für die deutschen Tore.

Die Rollenverteilung vor der Partie war recht klar: Deutschland musste, war Favorit, Österreich konnte, war nicht Favorit. Der Druck lag also auf der DFB-Elf. Die deutsche Teamchefin Martina Voss-Tecklenburg sagte im Vorfeld: "Es ist ein EM-Viertelfinale. Da sind die besten Mannschaften dabei, Österreich gehört dazu und ist verdient dort."

Gespielt wurde im Community Stadium Brentford, hier spielt sonst der gleichnamige Premier-League-Klub. 17.250 Zuseher und Zuseherinnen können sich hier bei Heimspielen die Bees, also Bienen, zu Gemüte führen. Zum Viertelfinale waren 16.025 gekommen. Das Stadion ist englisch im besten Sinne, taucht fast plötzlich zwischen Businesskomplexen und Wohnhäusern auf. Neben dem Fußballklub trägt hier auch der Rugbyverein London Irish seine Heimspiele aus. Man ist für Londoner Verhältnisse recht flott am Flughafen Heathrow.

Tempo und Nervosität

In der Startaufstellung musste Fuhrmann auf Kapitänin Viktoria Schnaderbeck verzichten. Das Knie machte nicht mit, für die Steirerin stand Marina Georgieva in der Startaufstellung. Sonst stellte Fuhrmann wie beim 1:0-Sieg über Norwegen auf. Die deutsche Elf spielte in Gedenken an den verstorbenen Uwe Seeler mit Trauerflor. Vor dem Anpfiff wurde eine Trauerminute abgehalten.

Deutschland startete engagiert und mit Tempo, hatte mehr vom Spiel. Die Fuhrmann-Elf hatte Probleme im Spielaufbau, wirkte in den Anfangsminuten nervös. In der achten Minute aber setzte Österreich ein Ausrufezeichen, hatte die erste Chance im Spiel: Julia Hickelsberger-Füller scheiterte an Keeperin Merle Frohms. Quasi im Gegenzug wurde auch Deutschland richtig gefährlich, Alexandra Popp jagte den Ball unbedrängt in den Himmel über Brentford. In der 13. Minute setzte Österreichs Bank schon zum großen Jubel an, Georgievas Kopfball nach einem Hanshaw-Corner prallte von der Stange ab. Weiter 0:0. Es schien aber ein Ruck durch Fuhrmanns Team zu gehen, die Österreicherinnen kamen besser in die Zweikämpfe, bauten ihrerseits Druck auf. Die Partie wurde rasanter, hitziger.

In der 25. Minute stand es dann 1:0 für Deutschland: Manuela Zinsberger mit einem suboptimalen Ausschuss, der Ball kommt prompt retour, Ersatzkapitänin Wenninger kommt Klara Bühl nicht hinterher, Popp steigt über den Ball, Lisa Magull netzt trocken ein. Das Spiel flachte ein wenig ab, Deutschland versuchte zu verwalten, Österreich suchte die Gefährlichkeit. Hickelsberger-Füller kam vor dem Pausenpfiff noch einmal zu spät, auf der anderen Seite musste sich Zinsberger auszeichnen. Pause.

Aluminium-Wertung

Deutschland kam wild aus der Kabine: Giulia Gwinns Schuss prallte von der Stange neben das Tor, es blieb beim 1:0. Österreich hatte erneut Probleme, ins Spiel zu finden. Es dauerte bis zur 52. Minute, bis die ÖFB-Elf in Person von Barbara Dunst für ein Raunen sorgte: Keeperin Frohms reißt der Ausschuss ab, Dunsts Heber aus großer Distanz aber prallte von der Latte ab. Apropos Aluminium: Sarah Puntigam kommt nach einem Eckball zum Abschluss, der Ball geht an die Stange und nicht ins Tor (55.). Mittlerweile konnte, nein musste man von Pech sprechen.

Die Partie blieb offen, blieb spannend. 72. Minute: Linda Dallmann hatte das 2:0 auf dem Fuß, ihr Schuss aber ging am Kreuzeck vorbei. Das Spiel bog in die Zielgerade, wurde hektischer. Zinsberger musste sich zweimal auszeichnen, ein Bühl-Kracher landete auf der Querlatte (77.). Österreich führte in Aluminium-Treffern nur mehr 3:2. Weiter: Nächster Matchball Deutschland, dieses Mal scheiterte Bühl am leeren Tor. Den Österreicherinnen lief die Zeit davon. Kurz vor Spielende dann die Entscheidung: Zinsberger will klären, Popp wirft sich in den Ball, der unglücklich ins Tor prallt. 2:0, der Endstand.

Für Österreich war es dennoch eine erfolgreiche Europameisterschaft. Gerade mit der Qualifikation für die K.-o.-Runde zeigte Fuhrmanns Team, dass man mit den Topnationen mithalten kann. Im Herbst geht es für Österreichs Fußballerinnen in der WM-Quali weiter. (Andreas Hagenauer aus London, 21.7.2022)

Fußball-Frauen-EM – Viertelfinale:

Deutschland – Österreich 2:0 (1:0). Brentford, Brentford Community Stadium, 16.025 Zuschauer, SR Welch (ENG).

Tore:
1:0 (25.) Magull
2:0 (90.) Popp

Deutschland: Frohms – Gwinn, Hendrich, Hegering, Rauch (95. Kleinherne) – Däbritz (64. Lattwein), Magull (64. Dallmann), Oberdorf – Huth (95. Lohmann), Popp, Bühl (83. Brand)

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Wenninger, Georgieva, Hanshaw – Puntigam (81. Höbinger) – Hickelsberger-Füller (72. Naschenweng), Zadrazil, Feiersinger, Dunst – Billa (86. Makas)

Gelbe Karten: Däbritz bzw. Hanshaw, Dunst, Naschenweng

Stimmen

Irene Fuhrmann (Österreich-Teamchefin): "Die Enttäuschung ist natürlich groß. Mein Team hat ein Riesenspiel gemacht gegen eine starke deutsche Mannschaft. Wir haben bewiesen, dass wir den nächsten Schritt gegangen sind. Wir haben dreimal Aluminium getroffen, der Ball wollte nicht rein. Wir haben in der ersten Halbzeit einen Fehler gemacht, der zum 0:1 führt, den so ein Klasseteam ausnutzt. Wir hatten gute Aktionen, waren stark in Standards, dreimal Aluminium, ich kann dem Team nichts vorwerfen, sie haben alles reingeworfen. Jetzt ist der Moment bitter, aber wir können auf diese Reise, die gesamte Europameisterschaft sehr, sehr stolz sein. Wir können auf dieser Leistung aufbauen, müssen vorne noch effektiver werden."

Barbara Dunst (Österreich-Stürmerin): "Wir haben über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht, ihnen richtig Paroli geboten. Wir haben leider zwei blöde Tore bekommen. Sie haben die Chancen genutzt. Es ist echt richtig bitter. (Das Glück) hat tatsächlich gefehlt, wenn sie (Stangen- und Lattenschüsse) reingehen, schaut es anders aus. Wir haben gezeigt, dass wir gegen so einen Gegner Chancen haben. Natürlich sind wir heute sehr enttäuscht, wir können trotzdem stolz auf unsere Leistung sein. Wir haben uns in dem Turnier super gezeigt, auch heute wieder richtig Gas gegeben. Wir haben ein Zeichen für Frauenfußball in Österreich gezeigt."

Martina Voss-Tecklenburg (Deutschland-Teamchefin): "Insgesamt war es ein Riesenspiel, und wir sind glücklich, dass wir heute 2:0 gewonnen haben."

Alexandra Popp (Deutschland-Torschützin): "Auch wenn es extrem intensiv heute war, haben wir es uns verdient. Wir sind drangeblieben, waren in den Zweikämpfen, haben nach vorne gespielt."