Beim Management der Energiekrise kann Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) durchaus manchen Erfolg vorweisen: Dass etwa die teilstaatliche OMV in enger Kooperation mit der Regierung sich vor einer Woche umfangreiche Gasleitungskapazitäten aus Nordeuropa sichern konnte, bannt zwar nicht die Gefahr ernster Knappheiten im kommenden Herbst – aber es reduziert sie doch. Auch füllen sich Österreichs Gasspeicher zusehends, was ebenfalls zu mehr Versorgungssicherheit führt, sollte das russische Gas wirklich ausbleiben.

Beim Management der Energiekrise kann Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) durchaus manchen Erfolg vorweisen.
Foto: APA/FLORIAN WIESER

Umso unverständlicher ist Gewesslers Zurückhaltung bei der Frage des Energiesparens. Sämtliche Experten orten enorme Potenziale bei Privathaushalten wie Unternehmen. Auch die EU-Kommission ruft zum Sparen auf – sie will Verbrauchsrückgänge notfalls erzwingen, falls die Nationalstaaten untätig bleiben. Noch darf sie das nicht, aber vielleicht bald..

In Österreich jedoch will das Ressort Gewessler erst im kommenden Herbst mit einer öffentlichkeitswirksamen Sparkampagne beginnen – und die enthält dann lediglich Empfehlungen. Und darüber hinaus? Die Idee eines Energiesparbonus, wie sie das Wifo vorgebracht hat, wird von der Regierung nicht aufgegriffen. Eine Temporeduktion von 130 auf 100 Stundenkilometer auf der Autobahn – die wohl wirkungsvollste Sparmaßnahme überhaupt – sei nicht machbar, erklärte Gewessler am Freitag in Ö1. Es müsse erst ein Versorgungsnotstand auftreten, um sie beschließen zu können. Freilich, der schwarz-blauen Regierung ist es seinerzeit ganz ohne Notstand gelungen, das Tempolimit von 130 auf 140 erhöhen.

Kein Wunder, dass angesichts der Untätigkeit der Regierung nun die Bundesländer aktiv werden. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) fordert Tempo 100, ehe Industrien aufgrund von Energieknappheit schließen müssen. Ebenfalls in Kärnten plädieren die Umweltanwälte des Landes für Tempo 100 auf Autobahnen respektive Tempo 80 auf Landstraßen. In Niederösterreich indes fordert Landeshauptfraustellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) klare Regeln von Gewessler hinsichtlich der Frage, wie man unnötige Beleuchtung von Parkplätzen und Schaufenstern reduzieren könnte.

Landespolitiker preschen also beim Energiesparen vor, weil bei diesem so wichtigen Thema von der Regierung fast nichts kommt. Die Länder, die sonst eher für föderalen Wirrwarr sorgen, befeuern in diesem Fall eine notwendige Debatte. (Joseph Gepp, 22.7.2022)