Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts, dass die Agentur AEI, die mit etlichen Ministerien kooperiert hat, EU-Fördergelder umgeleitet habe.

Foto: Imago/Chromorange

Die Vorgänge bei der "Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung" (AEI) beschäftigen mittlerweile mehrere Ministerien, die Finanzprokuratur, den Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft (StA) Wien. Es geht um den Verdacht auf Missbrauch von EU-Fördergeldern, also um Untreue und es gilt die Unschuldsvermutung. Die finanzielle Situation der AEI GmbH war – wie berichtet – angespannt. Im Vorjahr gab es ein negatives Eigenkapital von 1,1 Millionen Euro, aber eine positive Fortbestandsprognose. Die Gesellschaft habe Aufträge "in der Pipeline" gehabt, erklärt ihr Anwalt, Gerald David.

Aus dem Firmenbuch lässt sich die Geschichte der Gesellschaft rekonstruieren: Die besteht seit 2006 und hat Ende März 2018 vom Verein AEI den gesamten Unternehmensbetrieb gekauft.

AEI kaufte unter Haftungsausschluss

Seine Schulden hat sie allerdings nicht übernommen und auch jegliche Haftung dafür wurde im Vertrag ausgeschlossen. Interessante Details, wie zum Beispiel der Kaufpreis oder der genaue Inhalt des Haftungsausschlusses, sind nicht bekannt. Denn: Der Kaufvertrag wurde "wegen der Geheimhaltungsinteressen" nicht in die öffentlich abrufbare Urkundensammlung aufgenommen. Laut AEI-Rechtsanwalt David sei das ganz normal und wegen der im Vertrag erwähnten Geschäftsgeheimnisse üblich, dem Finanzamt seien die Verkaufsunterlagen wie vorgeschrieben offengelegt worden". Warum die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Vereins 2018 überhaupt in die nicht auf Gewinn orientierte GmbH übersiedelt wurden, erklärt der Jurist mit einer Art Professionalisierungsmaßnahme. Er weist wie berichtet alle Vorwürfe zurück und ortet eine "Raubersgeschichte". Mit den "konstruierten Vorwürfen macht man eine Erfolgsgeschichte kaputt", sagt Rechtsanwalt David.

Damals im Aufsichtsrat der AEI vertreten: der frühere Staatssekretär im Finanzministerium Alfred Finz (ÖVP), dessen einstige Sprecherin AEI-Geschäftsführerin bzw. im Verein Generalsekretärin ist. Zudem waren auch die beiden Wiener FPÖ-Politiker Gerald Ebinger und Helmut Günther im Kontrollgremium.

Aufseher aus christlich-europäischem Orden

Sie sind auch im St.-Georgs-Orden aktiv, einem "europäischen Orden des Hauses Habsburg-Lothringen", in dem sich viele schwarze und blaue Politiker tummeln. Der "christlich-europäische" Orden bezweckt laut Homepage "die Verehrung des Hl. Georgs als Schutzpatron des Rittertums, die Pflege der Ritterlichkeit und einer ritterlichen Lebensauffassung" und "unterstützt den multinationalen altösterreichischen Staatsgedanken".

Vorsitzender der Ehrenritter ist der Salzburger Ex-Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP), Ehrenritter sind etwa Ex-FPÖ-Chef Norbert Hofer, ÖVP-Mandatar Reinhold Lopatka oder der oberösterreichische Landeschef Thomas Stelzer. Ehrendame ist zum Beispiel Ursula Stenzel. Helmut Günther vom AEI-Aufsichtsrat war "Kanzler der Ordensregierung"; Ebinger ist Vizekanzler.

Altösterreich und "Twinning"

In Ministerien, die mit der AEI kooperiert hatten, ist die Rede von einem starken Einfluss der "Ordensmänner" auf die Agentur. Deren Aufgabe ist es ja, durch "Twinning"-Projekte Know-how aus der österreichischen Verwaltung ins Ausland zu exportieren. Da war man vor allem auf dem Balkan aktiv, was zum "altösterreichischen Staatsgedanken" des St.-Georgs-Ordens passe. (Renate Graber, Fabian Schmid, 25.7.2022)