Die "EU will uns zum Gassparen zwingen". So titelte Österreichs meistgelesene Zeitung vor einer Woche. Die Kronen Zeitung hat damit wohl recht gut die Stimmung an so manchem Stammtisch eingefangen: Die dort in Brüssel wollen uns vorschreiben, dass wir die Heizungen herunterdrehen und Strom sparen müssen. EU-Diktatur!

Die EU, rund um Energiekommissarin Kadri Simson, ist nicht der Bösewicht.
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Was bei der Debatte zunehmend aus den Augen verloren wird: Nicht die EU ist der Bösewicht. Der Aggressor heißt Wladimir Putin. Es ist Russland, das die Gaslieferungen nach Europa reduziert, nicht die EU, die weniger durchlässt. Vergessen wird dabei auch, wer hinter dem Schlamassel steckt: Brüssel mag seinen Anteil daran haben, dass die Verbindungen nach Moskau gut sind; die starke Abhängigkeit einzelner Staaten – wie jene Österreichs – ist allerdings hausgemacht.

Wesentlich sinnvoller als das Aufeinander-mit-dem-Finger-Zeigen wäre es jetzt, als Union zu handeln. Zusammenhalt ist notwendiger denn je, nicht zuletzt, um neben Russland auch Großmächten wie China oder den USA entgegenzutreten.

Eigentlich sollte es im Interesse aller Mitgliedsstaaten sein, gemeinsam durch die Krise zu navigieren. Denn wenn wirtschaftsstarken Nationen wie Deutschland das Gas ausgeht, könnte es für den gesamten Binnenmarkt brenzlig werden. Wenn uns Solidarität aus Russlands Würgegriff befreit, ist es das stärkste Signal, das die EU nach Moskau schicken kann. (Nora Laufer, 26.7.2022)