Mit diesem Sturm der Entrüstung hätte der Hohe Repräsentant in Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, nicht gerechnet. Seit vor einer Woche durchgesickert ist, dass er Änderungen der Wahlgesetze vornehmen will, steigen die Spannungen. Am Montag fand in Sarajevo vor Schmidts Büro eine große Demo statt.

Einige der Änderungen würden wohl für mehr Transparenz und Effektivität sorgen. Umstritten ist aber jener Vorschlag, bei dem es um neue Entsenderegeln für Volksgruppenvertreter in das Parlament geht, von denen nur die kroatisch-nationalistische Partei HDZ profitieren würde.

Der Hohe Repräsentant Christian Schmidt bei einem Treffen mit Bundeskanzler Nehammer.
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Es gibt vieles, was an Schmidts Vorgehen kritisiert werden kann, vor allem der Zeitpunkt so kurz vor der Wahl am 2. Oktober. Doch auch die Reaktionen von bosniakischen Nationalisten sind überzogen und heuchlerisch, wenn sie etwa von Apartheid sprechen und sich mit den Palästinensern vergleichen. Nicht erwähnt wird zudem, dass sich in der Vergangenheit Nichtkroaten als Kroaten deklarierten, nur um ins Parlament zu kommen.

Für die aktuelle vergiftete Atmosphäre ist also nicht nur Schmidt verantwortlich. Er steht unter enormem Druck aus Washington, das intransparent agiert. Wichtig ist nun, zu deeskalieren und Hasssprache oder extreme Vergleiche zu vermeiden, denn die Spannungen werden durch nationalistische Kommentare in Medien gerade gefährlich angeheizt. (Adelheid Wölfl, 26.7.2022)