Mensch und Natur: Die blonde Frau namens Claudia fotografierte Andraschek in einer Kommune immer wieder.

Foto: Iris Andraschek,/Bildrecht Wien, 2022

"Strict Nature" (2017) aus Andrascheks Serie "Sekundäre Wildnis".

Foto: Iris Andraschek, Bildrecht Wien, 2022

Wer komplett unvorbereitet in diese Ausstellung kommt, könnte denken, in einer diversen Gruppenschau gelandet zu sein: Skulpturen, Fotoserien, Rauminstallationen, zarte Zeichnungen. Auflösung: Es handelt sich um die Ausstellung einer einzigen Künstlerin – und ihr heterogenes Werk aus den letzten 35 Jahren.

Das Lentos in Linz widmet Iris Andraschek in der großen Ausstellungshalle eine umfassende Personale und zeigt rund 30 Werkgruppen der 1963 im niederösterreichischen Horn geborenen Künstlerin. Ein Konvolut, das auf den ersten Blick in seiner Dichte überfordernd wirken kann. Andrascheks Arbeiten sind intensiv und verspielt und zugleich poetisch und ernsthaft. Sich darauf einzulassen ist es allenfalls wert – vorbereitet oder nicht.

Serielle Fotoarbeiten

Station für Station kann man sich durch das Schaffen – und eine Architektur aus Betonwänden – bewegen. Ihre seriellen Fotoarbeiten schließt die Künstlerin oft nicht ab, sondern setzt sie zu einem späteren Zeitpunkt fort. Andraschek beobachtet nicht nur, sie agiert. Mit vielen der involvierten Personen hält sie Kontakt. Mensch und Umwelt sind in ihrem Werk zentral, Kommunikation das wichtigste Werkzeug. Titel der Schau: I love you :-).

Über ein Stipendium kam Andraschek in den frühen Nullerjahren nach Kanada, wo sie in einer Kommune lebte – und die alternative Lebensweise der Gruppe (Bild) fotografisch festhielt. In einer anderen Arbeit mit dem Titel Passion of the Real beobachtet die Künstlerin seit 1994 Menschen bei Zeltfesten, Raves am Land oder Motorradtreffen in dokumentarischer Manier: Komasaufen als rituelle Handlungsweise oder traditionelle Wolf-Tattoos.

Donauwasser und Seifen

Neben skulpturalen Arbeiten mit Wasser – in Aquarien treiben Gegenstände vor sich hin und eine Ansammlung an mit Donauwasser gefüllten Plastiksackerln zwirbelt sich elegant zur Decke – sticht vor allem eine Videoarbeit samt extrem geruchsintensiver Seifeninstallation hervor. Diese erzählt von der aus Lorbeerblättern hergestellten Aleppo-Seife, die ursprünglich in Syrien produziert wurde, deren Herstellung wegen des Kriegs in die Türkei verlegt werden musste. Exemplare können auch im Museumsshop erworben werden, der Erlös kommt sozialen Projekten zugute. Oh, und Andrascheks Kunstwerke strecken ihre Fühler sogar bis vor den Eingang des Hauses. Jugendliche treffen auf Jungkräuter! (Katharina Rustler, 29.7.2022)