Katia Wagner fordert von Wolfgang Fellner nun 10.000 Euro Schadenersatz, die sie spenden will. Fellner winkt ab.

Foto: Heribert Corn

Nun ist es amtlich: Medienmacher Wolfgang Fellner hat seine ehemalige Mitarbeiterin Katia Wagner sexuell belästigt. Das stellte die Gleichbehandlungskommission in ihrer Prüfung fest. Im konkreten Fall liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durch eine sexuelle Belästigung nach dem Gleichbehandlungsgesetz vor, heißt es im mit Ende Mai datierten Bericht, der dem STANDARD vorliegt. Darin fordert die Kommission Fellner auf, einen "angemessenen Schadenersatz" zu leisten.

Mit dem Bericht dürfte sich Wagners langwierige Auseinandersetzung mit Fellner dem Ende zuneigen. Sie arbeitete 2014 und 2015 für eine Gesellschaft der Mediengruppe Österreich, die Wolfgang Fellner gehört. Fellner selbst belästigte Wagner mit übergriffigem Verhalten und grenzüberschreitenden Whatsapp-Nachrichten und begrapschte sie einmal in seinem Büro. Fellner bestreitet diese Darstellung nach wie vor.

Bereits mehrere Verurteilungen

Im Mai des vergangenen Jahres sprach Wagner erstmals öffentlich über die Vorfälle. Sie solidarisierte sich mit Raphaela Scharf, einer weiteren Ex-Mitarbeiterin Fellners. Scharf wurde ebenfalls von Fellner begrapscht. Weil sie sich innerhalb des Unternehmens gegen den Übergriff Fellners wehrte, wurde sie fristlos entlassen. Sie zog vor Gericht; als DER STANDARD im März 2021 über den Prozess berichtete, wurden nach und nach Vorwürfe der sexuellen Belästigung von weiteren Frauen öffentlich.

Fellner bestreitet bislang jegliche sexuelle Belästigung und wurde deshalb bereits zweimal strafrechtlich verurteilt. Auch in etlichen Medienverfahren wurden Fellners Verlage wegen falscher Berichterstattung über die Causa verurteilt. Mit dem jetzt vorliegenden Bericht der Gleichbehandlungskommission sind Fellners Übergriffe auf Wagner erstmals direkt amtlich bestätigt.

Fellner habe ein "der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten" gesetzt, das die Würde Wagners beeinträchtigte, heißt es in dem Bericht. Die Behörde erwähnt hier "zahlreiche unerwünschte Einladungen zu gemeinsamen Reisen" und "sexuell gefärbte Bemerkungen", etwa jene bei einem Abendessen im Jahr 2015, als Fellner Wagner fragte, ob er ihr Kleid "aufzippen" könne. Wagner zeichnete dieses Gespräch auf und erwirkte mit dieser Aufnahme als Beweismittel die erste strafrechtliche Verurteilung Fellners wegen übler Nachrede.

79 zu 15 "Herzi-SMS"

Erstmals setzte sich die Behörde intensiv mit dem Chatverlauf zwischen Wagner und Fellner auseinander. Fellner selbst legte Auszüge dieser Nachrichten mehrfach bei Gericht vor, und sein Medium Oe24.at veröffentlichte im Februar dieses Jahres unter dem Titel "Die Herzi-SMS von Katia Wagner" einen Artikel, der suggerierte, Wagner habe mit Emojis Fellner verführen wollen und nicht umgekehrt.

Eine Zählung der Emojis in dem auf 83 DIN-A4-Seiten dokumentierten Whatsapp-Verlauf ergibt ein anderes Bild: Fellner schickte Wagner 79 Herz-Emojis, Wagner ihm nur 15. Kuss-Emoticons kamen ausschließlich von Fellner, 79 an der Zahl. Fellner schickte außerdem 37 Küsschen, Wagner zwei, 21 Herzen mit Schleife kamen von Fellner, von Wagner kein einziges. Der gesamte Nachrichtenverlauf reicht von 2014 bis 2018, die Gleichbehandlungskommission prüfte aus formalen Gründen lediglich den Zeitraum zwischen November 2014 und Mai 2015, kam aber zu ähnlichen Verhältnissen.

Wagners Verhalten nachvollziehbar

Die Behörde hält fest, dass die Whatsapp-Nachrichten Fellners Aussagen unglaubwürdig erscheinen lassen. Etwa seine Behauptung, Wagner habe ihm Avancen gemacht und von sich aus auf eine private Beziehung gedrängt. In Wirklichkeit war es umgekehrt: Die Abendessen initiierte fast ausschließlich Fellner. Dass Wagner das erste Herz-Emoji im Nachrichtenverlauf sandte, könne nicht als Konsens interpretiert werden.

Nachvollziehbar sei, so der Bericht, dass Wagner "höflich, aber ausweichend" auf viele von Fellners Nachrichten reagierte – "aus Angst, dabei ihre Karriereambitionen zu behindern". Fellner habe in der österreichischen Medienwelt einen weitreichenden Einfluss.

Moralische Wiedergutmachung

"Keinen glaubwürdigen Eindruck" machte Fellners Zeugin, die als seine Sekretärin arbeitet und kategorisch ausschloss, dass Fellner Wagner in seinem Büro begrapscht habe. Sie sagte bereits in etlichen Verfahren für ihn aus.

Der von der Gleichbehandlungskommission empfohlene Schadenersatz kann mittlerweile nur noch eine moralische Wiedergutmachung sein. Juristisch ist der Vorfall bereits verjährt. Wagners Anwalt Michael Rami sagt: "Meine Mandantin und ich fordern Wolfgang Fellner auf, endlich Verantwortung für seine Taten zu übernehmen." Sie wollen 10.000 Euro, die Wagner an den Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser spenden werde.

Fellner ließ auf Anfrage ausrichten, dass die Forderung der Kommission jeglicher Rechtsgrundlage entbehre. Das Verfahren der Gleichbehandlungskommission sei "einseitig" geführt worden, das Prüfergebnis lediglich "eine Meinung nach Anhörung von Personen, ohne kontradiktorische Vernehmung". (Laurin Lorenz, 29.7.2022)