Stechmücken haben ihr Geruchssystem perfektioniert – selbst gentechnische Tricks berauben sie kaum der Fähigkeit, uns aufzuspüren.

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Auf der Liste der unbeliebtesten Tiere stehen Stechmücken ziemlich weit oben. Die Spezialität der Plagegeister, sich exakt im Moment des Einschlafens mit ihrem leisen, aber erbarmungslosen Surren zu nähern, bringt nicht gerade zusätzliche Sympathiepunkte ein. Dabei ist Schlafraub global gesehen noch das geringste Übel, das von den Insekten ausgeht: Rund eine Million Todesopfer fordern Stechmücken weltweit pro Jahr, genauer gesagt die Infektionskrankheiten, die sie übertragen können. Sie sind damit die tödlichsten Tiere des Planeten.

In Österreich, wo bisher rund 50 Gelsenarten nachgewiesen wurden, ist das Problem der Infektion zum Glück vergleichsweise klein, allerdings nicht gänzlich außer Acht zu lassen: Exotische Arten wie die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) oder die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) sind seit mehreren Jahren auch in Österreich zu finden und können etwa Chikungunya- und Dengue-Fieber übertragen. Auch Borreliose kann durch Gelsen weitergegeben werden, wenn auch weitaus seltener als durch Zecken.

Ausschalten wirkungslos

Wie uns weibliche Gelsen (nur sie benötigen unser Blut, um Eier produzieren zu können) überhaupt aufspüren, gilt schon lange als geklärt: Licht folgen Moskitos, anders als etliche andere Fluginsekten, entgegen landläufiger Meinung nicht. Sie orientieren sich an Gerüchen und Ausdünstungen, die Menschen und andere Säugetiere abgeben. Vor allem das ausgeatmete Kohlendioxid wirkt als Gelsenmagnet, aber auch unser Schweiß, genauer gesagt Ammoniak, Milchsäure und Harnsäure, die darin enthalten sind, lockt die Insekten an. Nun hat ein Forschungsteam herausgefunden, dass das Riechsystem der Blutsauger sogar noch viel ausgefeilter ist als gedacht: Sie verfügen über ein einzigartiges neuronales System, das ihnen die Jagd erleichtert.

Wahrnehmbar werden wir für stechbereite Tiere, indem unsere Ausdünstungen Rezeptoren in den Riechzellen ihrer Antennen stimulieren. Ein Forschungsteam um Margo Herre von der Rockefeller University hat nun untersucht, ob sich diese Geruchsensoren mithilfe gentechnischer Werkzeuge deaktivieren lassen. Zur Überraschung der Forschenden ist das zwar problemlos möglich, aber wenig effektiv: Wie das Team im Fachblatt "Cell" berichtet, riechen uns Gelsen auch dann noch, wenn ihre CO2-Sensoren ausgeschaltet sind. Sie orientieren sich dann umso stärker an organischen Düften.

Hochgerüstetes Insekt

Aber auch wenn die Rezeptoren für andere Geruchsquellen blockiert werden, ist immer noch nicht Schluss. "Selbst Moskitos, denen eine ganze Familie von Chemorezeptoren fehlt, können noch immer Menschen finden und stechen", sagte Herre. "Sie brechen all unsere Regeln darüber, wie Tiere Dinge riechen." Bei den meisten Tieren, inklusive dem Menschen, sind einzelne Riechzellen für bestimmte Duftstoffe zuständig. Verlieren diese Zellen ihre Funktion, ist der Duft nicht mehr wahrnehmbar. Anders offenbar bei den Stechmücken: Sie verfügen über ein viel differenzierteres System, durch das sich Gerüche auf verschiedenen Wegen detektieren lassen. Ihre Riechsinneszellen besitzen gleich mehrere Rezeptoren, die auf unterschiedliche chemische Reize reagieren.

Gelsen verfügen demnach über ein regelrechtes neuronales Arsenal an Sensoren, die unterschiedlichste Komponenten unseres Körpergeruchs abdecken. Den Forschenden zufolge können die Insekten dadurch mehr als hundert verschiedene typisch menschliche Duftstoffe wahrnehmen, selbst in individueller Ausprägung. Diese Erkenntnis könnte auch für die Mückenabwehr bedeutsam sein: "Man muss sich mehr anstrengen, um Moskitos fernzuhalten", sagte Leslie Vosshall vom Howard Hughes Medical Institute, eine der Studienautorinnen. Einzelne Duftstoffe zu übertünchen reicht nicht: "Künftige Strategien müssen stärker berücksichtigen, dass unsere Anziehungskraft für sie ungebrochen bleibt." (David Rennert, 20.8.2022)