Der Auftakt in den Intensiv-Wahlkampf zur Hofburg-Wahl wurde standesgemäß in einem Festzelt zelebriert.

Foto: FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

So strahlend blau war der Himmel für die FPÖ schon lange nicht mehr: Draußen drehen die Fahrgeschäfte bei prächtigstem Spätsommerwetter ihre Runden, drinnen im Festzelt gibt die John Otti Band gecoverte Hits wie "Marmor, Stein und Eisen bricht" bis hin zu eigenen Krachern wie "Immer wieder Österreich" zum Besten. In gewohnt deftiger Manier feierte die FPÖ am Samstag auf dem Welser Volksfest ihren großen Auftakt in den Intensiv-Wahlkampf für die Hofburg-Wahl.

Umgeben von einem Meer an Rot-Weiß-Rot-Fahnen zogen Parteichef Herbert Kickl und Präsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz gemeinsam mit den beiden Gastgebern, dem Welser Bürgermeister Andreas Rabl und Oberösterreichs FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner, in das gut gefüllte Zelt ein. Rabl und Haimbuchner zählen zwar alles andere als zu den Freunden von Kickl und dessen Krawallkurs – dennoch marschierten sie in loyaler Eintracht Seite an Seite mit.

Schon zuvor versammelte sich viel Parteiprominenz an zwei Tischen in der ersten Reihe direkt vor der Bühne – erstmals öffentlich, seit dem Aufbrechen parteiinterner Bruchlinien und Machtkämpfe Anfang August. Darunter der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, die blauen Landeschefs aus Wien, Niederösterreich, Vorarlberg und dem Burgenland, Dominik Nepp, Udo Landbauer, Christof Bitschi und Johann Tschürtz, der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky sowie der Nationalratsabgeordnete Hubert Fuchs.

"Schweigepräsident" Van der Bellen

"Kompromisslos für Österreich – Dr. Walter Rosenkranz", ist auf dem Transparent auf der Bühne zu lesen. Als Erster betrat diese Rabl, der in der zweitgrößten Stadt Oberösterreichs den Bürgermeistersessel innehat. Dass er für Rosenkranz rennen werde, daran ließ er keine Zweifel. Rosenkranz sei "der Kandidat, der alle Kompetenzen mitbringt für das Land". Er habe ein "soziales Herz", handle "integer" und sei "ein Freiheitlicher durch und durch".

Nach ihm übernahm Haimbuchner. Der blaue Wahlkampf-Auftakt finde mitunter auch deshalb in der blauen Hochburg Wels statt, "weil wir mit Rabl zeigen, was es heißt, wenn Freiheitliche regieren", sagt Haimbuchner. Der Landeshauptmann-Stellvertreter koaliert selbst auf Landesebene, und zwar mit der ÖVP, und erinnerte sich in seiner Rede zurück an die Ibiza-Affäre, die die türkis-blaue Regierung im Bund im Mai 2019 zum Platzen brachte. Die Sache "war vielleicht peinlich", sagte er. "Aber andere Leute haben es (die auf Ibiza von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache angesprochenen Dinge, Anm.) durchgeführt in den Institutionen in der Republik." Haimbuchner sprach damit die Chat- und Korruptionsaffären in der ÖVP an und kritisierte, dass Van der Bellen dazu kein Wort verliere. Dieser sei "zu einem Schweigepräsidenten" geworden.

Sogleich stieß er in seiner Rede auch eine Debatte über eine Altershöchstgrenze für das Amt des Bundespräsidenten an. "Wir sind nicht im Vatikan", sagte Haimbuchner und holte damit zu einem Seitenhieb gegen Van der Bellen aus, der 78 ist. Jedenfalls rechnet Haimbuchner mit einem "interessanten Wahlkampf", an dessen Ende am 9. Oktober man "unter Umständen ein blaues Wunder" erlebe. Und er streute Rosenkranz Rosen: "Walter, du bist solide, du bist erfahren, du bist der Richtige für das Amt."

Kickls Rundumschlag

Schließlich holte Kickl zum Rundumschlag aus – auch gegen Alexander Van der Bellen, oder wie Kickl ihn nennt: "Alexander Van der Biden", angelehnt an den Namen des US-Präsidenten Joe Biden. Dieser habe sich "zuletzt in den hintersten Winkeln des Kaunertals verkrochen" und sei "nicht nur im politischen Gelände nicht ganz trittsicher", sagte er in Anspielung auf Van der Bellens Wander-Unfall. Kritik übte er auch daran, dass dieser – wie übrigens auch andere amtierende Staatsoberhäupter vor ihm – sich nicht mit anderen Kandidaten im TV duellieren möchte. "Er stellt sich der Debatte nicht und führt lieber Selbstgespräche auf TikTok." Und der blaue Frontmann rief sogleich auch ein Motto für diesen Wahlkampf aus: "VdB, weniger denn je." Eine Abwandlung des grünen Mottos "Mehr denn je, VdB" im letzten Präsidentschaftswahlkampf.

Aufgabe der FPÖ sei es laut Kickl nun, "das Ruder herumzureißen". Dazu müsse "ein Mann Bundespräsident werden: Walter Rosenkranz". "Walter Rosenkranz, das ist Musik in meinen Ohren. Sagen wir es mal alle gemeinsam, man muss sich schon daran gewöhnen", rief er in das Publikum.

Unter lautstarken "Walter, Walter, Walter"-Rufen betrat Walter Rosenkranz die Bühne.
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Selfies und Autogramme

Als letzter Redner trat um Punkt 12 Uhr mittags und unter lautstarken "Walter, Walter, Walter"-Rufen schließlich Rosenkranz auf die Bühne – und sparte in seiner Rede ebenso nicht mit Kritik am amtierenden Staatsoberhaupt. Die Chance, dass er als Bundespräsident die aktuelle Regierung entlassen würde, stehe bei "über 50 Prozent". Er werde das aber "natürlich nicht ohne Gespräche machen", meinte er. Zunächst würde er die einzelnen Minister zu einem Gespräch laden. "Besonders gerne würde ich mir die Frau Gewessler (Leonore, Klimaschutzministerin, Grüne, Anm.) einladen." Tosender Jubel im Publikum.

Gegen Ende seiner gut halbstündigen Rede rief Rosenkranz zur Unterstützung in eigener Sache auf: "Mit eurer Unterstützung wird es einen Bundespräsidenten Walter Rosenkranz geben, der für eure Grund- und Freiheitsrechte eintreten wird. Holen wir uns unser Österreich zurück." Am Ende standen schließlich zahlreiche Besucher Schlange – für Selfies mit Kickl und Rosenkranz. Kickl signierte außerdem zahlreiche Autogrammkarten.

Rosenkranz auf Party mit Stripperinnen

Anderswo, weit weg vom Welser Volksfest, werden Rosenkranz weniger Rosen gestreut. Für Kritik sorgt, dass dieser kürzlich an einer Blaulichtparty der AUF, der blauen Fraktion in der Polizeigewerkschaft, teilnahm. Ein Programmpunkt auf der Party war auch eine "scharfe Mitternachtseinlage", wo Stripperinen zur Unterhaltung der Partygäste engagiert wurden. "Willkommen im Frauenbild des Präsidentschaftskandidaten Rosenkranz!" schreibt die Plattform "stopptdierechten.at" auf Twitter. (Sandra Schieder, 3.9.2022)