Uniformierte Einsatzkräfte und Beamte des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung waren bei der Beendigung der Proteste im Einsatz.

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Wien – Ab vier Uhr Früh protestierten die Aktivistinnen und Aktivisten der "Lobau bleibt"-Bewegung in Wien-Donaustadt am Dienstag neuerlich gegen die Errichtung der "Stadtstraße" – diesmal mit Blockaden einer Eisenbahnstrecke. Acht Personen ketteten sich nach Abschaltung der Oberleitung im Bereich Bahnhof Hirschstetten/Emichgasse sowie bei der Hausfeldstraße an Gleise und Lichtmasten der derzeit wegen Bauarbeiten gesperrten Strecke nach Marchegg.

Als die Polizei eintraf, um die unangezeigte Versammlung aufzulösen, verließ ein Teil der Protestierenden die Strecke freiwillig, andere mussten unter Einsatz technischer Hilfsmittel von den Beamtinnen und Beamten weggebracht werden, wie Polizeisprecherin Barbara Gass auf STANDARD-Anfrage erklärt. Gegen 7.30 Uhr war der Bereich in Hirschstetten wieder geräumt, eine Stunde später war auch der Protest bei der Hausfeldstraße beendet.

Drei Festnahmen durch die Polizei

Drei Menschen wurden vorläufig festgenommen, zusätzlich gibt es Anzeigen nach dem Versammlungs- und Eisenbahngesetz. Warum man eine derzeit stillgelegte Bahnstrecke als Zeichen gegen einen Straßenbau blockiert, erklären Anna Kontriner von "Lobau bleibt" und Agnes Zauner von der Umweltschutzorganisation Global 2000 vor Ort. Es gelte, angesichts der Klimakrise ein Zeichen zu setzen, um statt einer 600-Millionen-Euro-Straße, die angesichts des derzeit gestoppten Lobautunnels der Wiener Ostumfahrung im Nirgendwo endet, den öffentlichen Verkehr in den Bezirken nördlich der Donau auszubauen.

Die beiden Aktivistinnen glauben den Versprechen der Wiener SPÖ, die "Stadtstraße" würde eine Entlastung für die Bewohnerinnen und Bewohner der Donaustadt bringen, indem der Auto- und Güterverkehr von Wohngebieten auf eine höherrangige Straße umgeleitet werde, nicht. Erstens würden neue Straßen nur mehr Verkehr erzeugen, andererseits werde stets verschwiegen, dass die "Lobau-Autobahn" und damit auch die "Stadtstraße" in Wahrheit Teil eines transeuropäischen Netzes von der Ostsee zur Adria sei und damit primär dem Gütertransit diene.

Kein Vorteil für Einwohner

Außerdem seien die Anrainerinnen und Anrainer in Wahrheit keine Nutznießer einer neuen Straße – sondern Unternehmer wie einer der Eigentümer einer am Bau der Stadtstraße beteiligten Baufirma, der sich in jüngerer Vergangenheit ein nahes Logistikzentrum gekauft habe, behaupten Kontriner und Zauner.

Von der Einwohnerschaft der Donaustadt bekomme man durchaus Unterstützung – nach der Räumung eines Camps in der Anfanggasse wurde vor der Zentrale der SPÖ-Bezirkssektion Donaustadt am Kagraner Platz demonstriert. "Viele haben applaudiert, nur eine kritische Stimme gab es", sagt Zauner. Angesichts der Dramatik der Klimakrise werde man weitere Veranstaltungen und Proteste organisieren. (APA, 6.9.2022)