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London/Edinburgh – König Charles III und seine Gemahlin Camilla haben am Montag in einer feierlichen Zeremonie in London die Beileidsbekundungen des britischen Parlaments entgegengenommen. Im Anschluss reisten sie nach Edinburgh in Schottland weiter, wo sie am frühen Nachmittag eintrafen. Sie begleiten den Sarg der verstorbenen Königin Elizabeth II von der königlichen Residenz, dem Palace of Holyroodhouse, zur St Giles' Cathedral. Dort ist auch ein Gottesdienst geplant.

Aufbahrung in Westminster ab Mittwoch

Das Königspaar wurde zunächst von den Parlamentariern des Unter- und des Oberhauses in London in der Westminster Hall empfangen, wo ab Mittwoch der Sarg der verstorbenen Queen aufgebahrt werden soll. Die Ankunft des Königspaars wurde mit Fanfaren begleitet, bevor Charles und Camilla jeweils auf einem Thron Platz nahmen. Nach Reden der beiden Parlamentspräsidenten, den Sprechern der beiden Kammern, wandte sich der sichtlich gerührte Charles an die Parlamentarier.

"Das Parlament ist das lebende und atmende Instrument unserer Demokratie", sagte Charles, der die Queen als "my darling late mother" (meine geliebte verstorbene Mutter) bezeichnete. Er wolle dem Vorbild seiner Mutter folgen, "die kostbaren Prinzipien der konstitutionellen Regierung, die unserer Nation zugrunde liegen", zu erhalten, sagte Charles weiter. Zum Abschluss wurde die Nationalhymne "God Save the King" gesungen.

King Charles III will dem Vorbild seiner Mutter folgen.
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Nach der Zeremonie flogen Charles und Camilla nach Edinburgh. Tausende Menschen hatten sich dort seit der Früh entlang der zentralen Straße Royal Mile eingefunden, um den Leichenzug mit dem Sarg der verstorbenen Queen zu sehen. Sie klatschten und jubelten, als das Auto mit der royalen Standarte für Schottland an ihnen vorbeifuhr. In seiner Residenz, dem Palace of Holyroodhouse, wurde Charles mit Salutschüssen und der Nationalhymne empfangen.

Vor der Residenz erhielt der neue König vom Lord Provost – einer Art Bürgermeister – symbolisch den Schlüssel zur Stadt. Wie es die Tradition gebietet, gab Charles daraufhin den Schlüssel zurück und bemerkte, dass es keine besseren Bewahrer gebe als den Lord Provost und die Abgeordneten. Das Ritual findet alljährlich im Sommer statt, wenn sich das Staatsoberhaupt für eine Woche in Edinburgh aufhält. Queen Elizabeth II. hatte noch im Juli an dieser "Ceremony of the Keys" teilgenommen.

Der König und weitere Mitglieder der Royal Family wollen später bei der Prozession den Weg von der Residenz zur St.-Giles-Kathedrale zu Fuß zurücklegen. Die Royals nehmen dann an einem Gottesdienst teil. Anschließend haben die Schotten für 24 Stunden die Möglichkeit, in der Kirche von der Queen Abschied zu nehmen.

Treffen mit schottischer Unabhängigkeitsbefürworterin Sturgeon

Charles wird in Edinburgh auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon empfangen. Außerdem wollen er und seine Frau Camilla auch im schottischen Parlament Beileidsbekundungen entgegennehmen. Seine Reise nach Schottland ist Teil der sogenannten "Operation Spring Tide", die Besuche von Charles als neuem König in allen vier britischen Landesteilen vorsieht. Am Dienstag reist das Königspaar daher nach Nordirland; der Besuch in Wales folgt am Freitag.

Für Dienstag ist auch die Überführung des Leichnams der Queen per Flieger nach London geplant, wo die Verstorbene für mehrere Tage aufgebahrt werden soll. Am Mittwoch führt König Charles dann einen weiteren Leichenzug durch die britische Hauptstadt an, der vom Buckingham-Palast zum Parlament führt.

Der Sarg von Queen Elizabeth II wurde von einer Ehrengarde empfangen.
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Ab Mittwoch, 18.00 Uhr MESZ, wird der Sarg in der Westminster Hall des Parlaments aufgebahrt. Für die Totenwache werden hunderttausende Menschen erwartet. Ein konservativer Abgeordneter sprach am Montag sogar von bis zu zwei Millionen Menschen.

Stundenlanges Warten bei Begräbnis absehbar

Die britische Regierung empfiehlt Trauernden, wetterfeste Kleidung, genug Proviant, eine Powerbank fürs Handy und viel Geduld mitzubringen. Bis zum Tag des Staatsbegräbnisses am 19. September hat die britische Öffentlichkeit die Möglichkeit, ihrer Königin einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Allerdings muss dafür viel Zeit eingeplant werden. "Sie müssen viele Stunden lang stehen, vermutlich über Nacht, mit wenigen Möglichkeiten, sich hinzusetzen, weil sich die Schlange weiterbewegen wird", heißt es in den Informationen des Kulturministeriums zu den Abläufen. Ob man Kinder mitbringe, solle man sich gut überlegen. Außerdem sei mit Straßensperren und Störungen im Verkehrsnetz zu rechnen.

Letzte Reise der Queen

Am Sonntag brachte ein Leichenwagen den Sarg mit der Monarchin von ihrem Landsitz Schloss Balmoral in den Highlands, wo die 96-Jährige am Donnerstag gestorben war, in die schottische Hauptstadt Edinburgh. Dort wurde der Konvoi von Menschenmengen und einer Ehrengarde empfangen. Von einer "letzten großen Reise" seiner Mutter hatte Charles zuvor gesprochen.

Auch Prinzessin Anne und die Prinzen Andrew und Edward sind nach Edinburgh gereist.
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In Dörfern und Städten säumten zahlreiche Menschen schweigend die Straßen. Manche weinten, einige warfen Blumen auf die Straße, als die Kolonne in langsamem Tempo vorbeirollte. In Edinburgh brach auf der Royal Mile auch spontaner Applaus und Jubel aus. Am Nachmittag erreichte der Konvoi die königliche Residenz Palace of Holyroodhouse. Die Tochter der Queen, Prinzessin Anne, hatte den Sarg in einem anderen Wagen begleitet, zudem waren die Söhne Prinz Andrew und Prinz Edward bei der Ankunft an Ort und Stelle.

Prinz Harry würdigt Großmutter

Nach Prinz William hat sich nun auch Prinz Harry zum Tod seiner Großmutter geäußert. Auf seiner Webseite hat er ein kurzes Statement veröffentlicht und bedankt sich bei ihr unter anderem für "ihren guten Rat und ihr ansteckendes Lächeln".

Weiter würdigt er ihr "Engagement für Dienst und Pflicht", das für viele Menschen eine Richtschnur gewesen sei. "Sie wurde weltweit bewundert und respektiert. Ihre unerschütterliche Anmut und Würde blieben ihr ganzes Leben lang erhalten und sind nun ihr ewiges Vermächtnis."

Van der Bellen nimmt an Begräbnis teil

Das Staatsbegräbnis, zu dem auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen anreisen will, ist für den 19. September angesetzt. Die Britinnen und Briten erhalten dafür einen Extrafeiertag. Bis dahin gilt Staatstrauer, offizielle Veranstaltungen und der parlamentarische Betrieb sind ausgesetzt.

Ihre letzte Ruhestätte findet die Queen dann in der St.-George-Kapelle auf dem Gelände von Schloss Windsor, wo auch ihr Ehemann Prinz Philip ruht, der am 9. April 2021 starb. Dort wurden auch ihre engsten Angehörigen, ihr Vater George VI, ihre "Queen Mum" genannte Mutter und ihre Schwester, Prinzessin Margaret, beigesetzt.

Sonderfeiertag in Neuseeland Ende September

Am 26. September wird Neuseeland der verstorbenen Queen mit einem Sonderfeiertag gedenken. Der Feiertag solle die "lebenslangen Dienste von Queen Elizabeth II" würdigen, sagte Premierministerin Jacinda Ardern am Montag vor Medienvertretern.

Sie erinnerte daran, dass die britische Monarchin 70 Jahre lang auch Staatsoberhaupt des Commonwealth-Mitglieds Neuseeland war. Am selben Tag soll demnach ein Gedenkgottesdienst in der Kathedrale der Hauptstadt Wellington stattfinden. (APA, red, 12.9.2022)