Wer erben will, muss ein Los ziehen: "Jeeps" im Kosmos-Theater.

Foto: Bettina Frenzel

Was wäre, wenn vollkommene Chancengleichheit beim Erbe bestehen würde? Gibt es so etwas überhaupt? Und wie würde das funktionieren? Nora Abdel-Maksoud hält dafür im Kosmos-Theater eine radikale Versuchsanordnung parat. In der österreichischen Erstaufführung ihres Stücks Jeeps (Regie: Anna Marboe) stellt sie Klischees rund um Erbe, AMS und Beamtentum auf den Prüfstand – räumt sie aber nicht immer beiseite.

Ob "Eierstocklotterie" oder "Erbwichteln": Die Erbschaft und ihre (Un-)Gerechtigkeiten sind das Schreckgespenst einer Gesellschaft, deren Neoliberalismus das Sozialsystem bis aufs Skelett ausgehöhlt hat. Eine gerechte Umverteilung scheint nur noch durch eine Maßnahme erreichbar: die Erbschaftslotterie. Die Lose erscheinen in Form von goldenen Glückskeksen, sie sind glänzender Lichtblick in einem sonst weißen Bühnenraum, der nur von blitzblauen Leitlinien durchzogen ist (Ausstattung: Helene Payrhuber, Sophia Profanter).

Synergieeffekte

Das Lottospiel wird vom Arbeitsmarktservice durchgeführt, wirft aber schon bald neue Probleme auf. In den zum Bersten vollen Wartehallen bilden sich Synergien zwischen den um ihr Erbe erleichterten Start-up-Gründerinnen und Notstandshilfeempfängern. Und auch die Beamten gehen mit ihrer neuen Aufgabe einmal mehr, einmal weniger prinzipientreu um (mit Thomas Frank, Johanna Orsini, Tamara Semzov, Maximilian Thienen).

Nora Abdel-Maksoud schafft mit irrwitzigen Dialogen eine rasante Satire auf unsere Klassengesellschaft. In Jeeps wird eine Kernfrage von allen Seiten beleuchtet, um sie letztlich doch unbeantwortet zu lassen. Wer, wie und was man denn nun erben soll? Das ist zwar am Ende noch unklar, regt aber zum Nachdenken an. (Caroline Schluge, 14.9.2022)