Flora Schmudermayer ist die neu gewählte Bundesschulsprecherin. Die 18-Jährige kommt von der Schülerunion.

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Die neue Bundesschulsprecherin, die am Sonntag gewählt wurde, heißt Flora Schmudermayer. Somit steht ab jetzt eine Repräsentantin einer "Zentrallehranstalt" an der Spitze der gesetzlich verankerten Interessenvertretung der rund 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler in Österreich – die erste ZLA-Vertreterin seit den vergangenen 18 Jahren, in denen die Schülerunion das höchste Gremium der österreichischen Schülerschaft stellt, wie die ÖVP-nahe Schülerorganisation mitteilte.

Die 18-Jährige besucht die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn und Österreichische Bundesgärten – "eine Schule, die man meistens nicht kennt", wie sie bei ihrer Antrittspressekonferenz am Montag sagte. Das sei vor allem deshalb schade, weil die Jugendlichen in der vorgelagerten Sekundarstufe I oft gar nicht wüssten, welche unterschiedlichen schulischen Möglichkeiten es in Österreich überhaupt gibt. Auch darum will sich die Niederösterreicherin dafür einsetzen, "dass Interessen frühzeitig erkannt und gefördert werden".

Zentrallehranstalten sind Schulen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bildungsministeriums fallen, dazu gehören neben Schmudermayers Schule zum Beispiel auch das Bundesinstitut für Sozialpädagogik in Baden, "die Grafische" in Wien, das Francisco Josephinum in Wieselburg, das sich den Themen Landwirtschaft, Landtechnik sowie Lebensmittel- und Biotechnologie widmet, oder Höhere Bundeslehranstalten für Ernährung, Forstwirtschaft, Obst- und Weinbau sowie chemische Industrie und das TGM, die Schule der Technik in Wien.

Eine lange Tradition

Abgesehen von der neuen Person bzw. einem neuen Namen an der Spitze der Bundesschülervertretung (BSV) blieb auch diesmal bei der Wahl der obersten Vertreterin oder des obersten Vertreters der österreichischen Schülerschaft seit bald zwei Jahrzehnten alles gleich: Die Bundesschülervertretung (BSV) ist fest "in der Hand" der Schülerunion. Schmudermayr ist das 18. Mitglied dieser ÖVP-nahen Jugendorganisation in Folge, das die BSV anführt.

Der Bundesobmann der Schülerunion, Manuel Kräuter, lieferte die aktuellen Zahlen: In den Landesschulvertretungen hat die Schülerunion derzeit 133 von 159 Sitzen, in der Bundesschulvertretung sind es 26 von 29. "Das ist eine große Verantwortung", betonte Kräuter, der die Devise der Schülerunion so beschrieb: "Wir wollen konstruktiv, lösungsorientiert und fair an Lösungen arbeiten."

Die Bundesschülervertretung, der 29 Mitglieder angehören, ist die Dachorganisation der neun Landesschülervertretungen (LSV) und der Zentrallehranstaltenschülervertretung (ZSV). Diese Gremien sind gesetzlich im Schülervertretungengesetz (SchVG) verankert, und ihre Aufgabe ist es, die Interessen der Schülerinnen und Schüler gegenüber der Politik, also dem Bildungsminister, dem Nationalrat und Bundesrat sowie anderen politischen Ebenen, zu vertreten oder, wie Schmudermayr sagte, "das Sprachrohr, das sich die österreichischen Schülerinnen und Schüler verdient haben, zu sein".

Bausteine für die Schule der Zukunft

Die aus Tulln in Niederösterreich stammende Schulpolitikerin möchte mit ihrem Team im kommenden Schuljahr, für das sie gewählt wurde, einen "Beitrag leisten, um die Schule der Zukunft zu bauen". Ein paar Bausteine dafür nannte sie am Montag.

  • Wirtschafts- und Finanzbildung: Ausgehend von eigenen Erfahrungen im Arbeitsleben bei ihrem ersten Praktikum im Sommer 2020 und Berichten von anderen Jugendlichen, aber auch aktuellen drängenden Fragen im Zusammenhang mit Inflation und Energiekrise leitet Schmudermayer einen hohen Bedarf an Wissen über Fragen nach dem Gehalt und was es dabei zu beachten gebe etc. ab. Darum solle evaluiert werden, in welcher Form ein Pflichtgegenstand Wirtschafts- und Finanzbildung für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2 etabliert werden könne.
  • Englisch in Berufsschulen: Der duale Bildungsweg sei "essenziell für den Arbeitsmarkt", sagte die neue Bundesschulsprecherin, und in einer sich "immer schneller drehenden globalisierten Welt" sei auch für Lehrlinge, nicht nur jene, die im Tourismus tätig seien, guter "zeitgemäßer Englischunterricht" immer wichtiger. "Englisch an den Berufsschulen muss an den heutigen Standard angepasst werden."
  • Internationalität: Schmudermayer betonte die internationale Tangente des "idealen Schulsystems", für das sie sich einsetzen will. Sie möchte alle ermutigen, "sich mit Selbstbewusstsein im Ausland zu bewegen" und Auslandsaufenthalte zu machen. Das erfordere Mut, Zeit, hohen Planungsaufwand und finanzielle Mittel, sei aber wichtig und wertvoll: "Ein Auslandsaufenthalt soll eine Erfahrung für viele sein und kein Luxus", betonte die Schülervertreterin.
  • Demokratiebildung: Angesichts der bevorstehenden Bundespräsidentschaftswahl, bei der ja auch die 16-Jährigen wählen dürfen, sagte Schmudermayer, dass gerade auch junge Menschen eine "fundierte, kritische und eindeutige Meinung haben sollten, und dazu braucht es einen fundierten Meinungsbildungsprozess in den Schulen". Sie fordert daher "Demokratiebildung mit Tiefgang", also ein eigenes Schulfach "Demokratiebildung" für alle Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe 2. Dazu gehöre auch, "kritisches Hinterfragen von Medien und Informationen zu lernen". Generell sei Partizipation der jungen Generation wichtig und zu fördern: "Im Klassenzimmer fängt Vertretung an", sagte die neue Bundesschulsprecherin: "Wir Schüler:innen sind Expert:innen für die Schule."

Und wer ist nun die neue Bundesschulsprecherin?

Flora – Nomen est omen

Nomen ist omen hat bei der 18-jährigen Flora familienbedingt tatsächlich eine besondere Bedeutung. Ihre Familie führt nämlich in Tulln einen Betrieb für Gartengestaltung. Insofern wusste Flora nach der Unterstufe im BG/BRG Tulln (Schwerpunkt Französisch) mit den speziellen Fächern in der HBLFA Schönbrunn, in der sie "sehr glücklich" ist, schon vor ihrem Eintritt etwas anzufangen.

Gefragt nach einer Lieblingsblume und einem Baum, der ihr besonders viel bedeutet, nennt die junge Niederösterreicherin die Gelbe Schafgarbe samt lateinischer Bezeichnung (Achillea millefolium) und die Kupferfelsenbirne (Amelanchier lamarckii), "weil sie trockenheitsverträglich ist, essbare Früchte trägt und in jeden Garten passt".

In ihrer Freizeit ist sie bei den Pfadfindern als Jugendleiterin für Sieben- bis Zehnjährige aktiv, außerdem geht sie gern laufen und sportelt allgemein gern – und darüber hinaus nennt sie sich selbst "eine Kaffeehausgeherin".

Was hat sie politisiert? "Mein damaliger Schulsprecher hat mich ermuntert, Schulsprecherin zu werden, mit der Frage 'Interessierst du dich für Politik?', was ich damals mit Nein beantwortet habe", erzählt sie im STANDARD-Gespräch. "Diese Frage regte mich aber zum Nachdenken an, weil Politik etwas ist, das mich und uns alle tagtäglich betrifft und es mir da wie vielen Jugendlichen ging, was ich sehr schade finde. Das hat mich dazu geführt, Jugendpartizipation wertzuschätzen und aus der Interessenvertretung heraus etwas zu verändern." Das wird sie nun ein Jahr lang als Bundesschulsprecherin tun können.

Dominanz der Schülerunion

Ein Blick in die Geschichte der Bundesschülervertretung zeigt übrigens, dass den ersten Bundesschulsprecher die SPÖ-nahe Aktion kritischer Schüler_innen (AKS) stellte. 1981 wurde Harald Rossegger gewählt. Danach gab es noch vier AKS-Leute an der Spitze der BSV, und zwar 1990, 2001 sowie von 2003 bis 2005. Ab dann wurden nur noch Vertreterinnen und Vertreter der Schülerunion an die Spitze gewählt. Insgesamt stellte die Schülerunion 37 der bisher 41 Bundesschulsprecherinnen und Bundesschulsprecher, 14 Frauen und 27 Männer. Darunter Namen, die heute noch in der Politik oder im Regierungsumfeld bekannt sind, wie etwa ÖVP-Nationalratsabgeordneter Nico Marchetti (2008/09), Eva Gollubits, Kabinettschefin im Bildungsministerium (2000/01), und der langjährige ÖVP-Abgeordnete, dann Volksanwalt und nun Landesrat in der Steiermark, Werner Amon (1988/89).

Kritik der Aktion kritischer Schüler_innen

Die AKS kritisierte am Montag den BSV-Wahlmodus: "Nur 29 Personen können die Vertretung aller 1,1 Millionen Schüler_innen wählen. Das sind nur 0,003 Prozent aller Schüler_innen in Österreich. Bei dieser Wahl haben nur 20 Personen die Bundesschulsprecherin gewählt, das sind sogar nur 0,0018 Prozent aller Schüler_innen. Die meisten Klassensprecher_innen werden von mehr Personen gewählt als die Bundesschulsprecherin heute", erklärte Lina Feurstein, Bundesvorsitzende der Aktion kritischer Schüler_innen, in einer Stellungnahme. Die AKS fordert seit Jahrzehnten eine Direktwahl der Landes- und Bundesschülervertretung. (Lisa Nimmervoll, 19.9.20222)

Update: In einer ersten Version hieß es irrtümlich, Flora Schmudermayer sei die erste Bundessprecherin, die aus einer Zentrallehranstalt komme. Dank des freundlichen Hinweises eines Schulsprechers des Schuljahrs 1999/2000 wurde der Text präzisiert. Die Schülerunion bezog sich auf die vergangenen 18 Jahre, in denen sie durchgängig die BSV-Spitze stellte – ohne ZLA-Vertretung. Mit Stefan Pfarrhofer war 1999 jedenfalls ein Bundesschulsprecher aktiv, der von einer Zentrallehranstalt kam, nämlich der Höheren landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt St. Florian.