Wer Böses denken mochte, der konnte einen vorsorglichen Gefallen für Parteifreunde heraushören: In der ORF-Pressestunde hatte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler eine zeitliche Begrenzung von Ermittlungen der Staatsanwaltschaften gefordert. Das könnte nicht zuletzt ÖVP-Politikern nützen, die in komplexen und damit wohl langwierigen Fällen unter Korruptionsverdacht stehen.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler fordert eine zeitliche Begrenzung von Ermittlungen der Staatsanwaltschaften.
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Doch es wäre unfair, den Vorstoß a priori als parteipolitisch motivierten Winkelzug abzutun, denn Edtstadler trifft einen wichtigen Punkt: Tatsächlich können jahrelange Ermittlungsverfahren Ruf, Psyche, Familien- und Berufsleben von Bürgerinnen und Bürgern zerstören, ehe ein Urteil gesprochen ist. Wer als Beschuldigter ins Licht der Öffentlichkeit gerät, wird in den Augen eines Teils des Publikums rasch zum Schuldigen – und gerade in sozialen Medien als solcher vorgeführt.

Was aber will Edtstadler gegen das Problem tun? Auch wenn es in der Pressestunde so geklungen hat: Eine absolute zeitliche Begrenzung für Verfahren, heißt es aus ihrem Büro, wolle sie nicht – zum Glück: Denn ein solches Limit würde die Aufarbeitung schwieriger Causen hintertreiben.

Darüber hinaus bleibt Edtstadler vage. Will die Ministerin seriöse Politik machen, muss sie dem grünen Koalitionspartner irgendwann handfeste Vorschläge vorlegen. Sonst klingt der stetig wiederholte Problemaufriss doch wie ein Ablenkungsmanöver, um Beschuldigte per se zu Opfern zu erklären. (Gerald John, 3.10.2022)