Skifahren auf Matten – das ist auf der Hohe-Wand-Wiese Geschichte.

Foto: Schischule Wien

Auf der Hohe-Wand-Wiese am Rande des 14. Bezirks steht eine Zäsur an. Ab dem diesjährigen Winter wird auf dem traditionsreichen Wintersporthang kein Skifahren oder Snowboarden möglich sein. Grund dafür ist ein länger brodelnder Streit zwischen den dort ansässigen Mountainbikern und der Schischule Wien, der nun eskaliert ist.

Der Mountainbikeverein Hohe-Wand-Wiese hat das Gelände an der Mauerbachstraße seit 2016 von der Stadt Wien gepachtet. Von Frühling bis Herbst bringt ein Schlepplift Sportler samt Rad nach oben. Im angrenzenden Wald führen elf Bikerouten nach unten, auf der Wiese eine Sommerrodelbahn.

Im Winter vermieteten die Mountainbiker das Gelände bisher an die Schischule Wien. Diese stattete einen Teil davon mit rutschigen Kunststoffmatten sowie einem Förderband-Lift aus und hielt Anfängerkurse ab. Diese abgespeckte Variante ermöglichte von Schnee unabhängigen Wintersport, der zuletzt immer rarer geworden ist. Damit ist jetzt Schluss: "Wir haben für die neue Saison keinen Vertrag mehr bekommen", sagt Gerald Eder, Inhaber der Schischule zum STANDARD.

Lange Ski-Tradition

Eder und Co-Inhaberin Illy Bernhart haben die Schischule Wien vor 26 Jahren gegründet. Damals betrieb die Stadt Wien, der die Hohe-Wand-Wiese gehört, dort noch eine richtige Wintersportanlage. Bereits ab dem Jahr 1966 gab es eine Skipiste mit Lift, Schneekanonen und Flutlicht. 1986 wurde dort sogar ein Weltcup-Parallelslalom ausgerichtet. Eder und Bernhart erlaubte die Stadt, dort Skikurse abzuhalten. Diese Konstruktion wurde rund zehn Jahre beibehalten.

Historische Aufnahme: Winterbetrieb auf der Hohe-Wand-Wiese, aufgenommen 1967.
Foto: Wiener Stadt- und Landesarchiv

2006 sanierte die Stadt dann die Anlage: Lift und und Schneekanonen wurden modernisiert. Zusätzlich wurden fixe Gebäude, etwa für Gastronomie, und besagte Sommerrodelbahn errichtet. Als Betreiberin zog sich die Stadt in der Folge allerdings zurück. Diese Aufgabe überließ sie wechselnden Pächtern, die die Wiese im Winter an die Schischule weitervermieteten.

Bei Mountainbikeverein und Schischule klappte das aber nicht gut. Eder wirft dem Verein vor, die Schischule zunehmend zurückgedrängt zu haben: "Der Skibetrieb wurde kastriert." Der Verein wiederum spricht von "kommunikativen und operativen Differenzen, die in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit nicht nachvollziehbar waren". Man habe die Schischule daher im März informiert, dass die Kooperation beendet werde, sagt Obmann Patrick Huber.

Neuer Standort in Favoriten?

Eder und Bernhart haben bereits davor begonnen, sich nach einem neuen Standort umzusehen – gefunden wurde bisher aber keiner. Derzeit setzen die beiden ihre Hoffnung auf Favoriten: Mit Bezirkschef Marcus Franz (SPÖ) habe es bereits Gespräche über ein Pop-up gegeben, sagt Eder, eine konkrete Lösung sei jedoch nicht in Sicht.

"Wir brauchen jedenfalls bis Anfang November eine Zusage. Wir müssten ja an einem neuen Standort die Einreichung für das Förderband bei der Baupolizei machen." Und aufgebaut werden müssen Matten und Babylift schließlich auch noch. Mit einem Hilferuf wandte sich die Schischule bereits Anfang des Jahres an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) – ohne Erfolg.

Vorwurf der Freunderlwirtschaft

Nun greifen die Inhaber zu härteren Mitteln: Sie haben den Stadtrechnungshof eingeschaltet. Dieser solle die "unrechtmäßige Vergabe" der Wiese an den Mountainbikeverein prüfen, heißt es in Eders und Bernharts Beschwerde. Die beiden hatten sich 2016 mit einem ähnlichen Konzept ebenfalls um das Gelände beworben. In einem mehrstufigen Auswahlverfahren fiel die Wahl aber auf die Mountainbiker.

Auf elf Routen, sogenannten Trails, sind im Wald neben der Hohe-Wand-Wiese Mountainbiker unterwegs.
Foto: Trailcenter HWW/Markus Wessig

Die Beschwerde enthält eine ganze Reihe von Kritikpunkten. Im Grunde geht es um den Vorwurf, dass der Mountainbikeverein den Zuschlag aufgrund einer Nähe zur Wiener SPÖ erhalten haben soll. Stellvertretender Obmann ist Thomas Waldner, einst Organisator des roten Donauinselfests. Dies wurde rund um die Vergabe auch von der Rathaus-Opposition kritisiert. Der Vorwurf sei "völlig aus der Luft gegriffen", sagt Huber. Und das zuständige Sportamt beteuert, dass "politische Funktionen" keinerlei Berücksichtigung gefunden hätten.

Sportamt und Verein wehren sich

In der Beschwerde werden – neben weiteren Vorwürfen – auch "ruinöse Unterpachtbedingungen" angeführt, mit denen die Schischule ausgehungert werden solle. Während der Verein jährlich nur 500 Euro Pacht an die Stadt zahle, habe er der Schischule monatlich 1200 Euro für die Nutzung der Wiese verrechnet, heißt es. Letztere Summe kommentiert Huber auf Anfrage nicht. Die Jahrespacht an die Stadt liege "wesentlich über den angeführten 500 Euro".

Das Sportamt erklärt in einer Stellungnahme, dass der Zins, den Vereine für städtische Sportanlagen zahlen, vom Gemeinderat festgelegt sei und rund drei Cent pro Quadratmeter und Jahr betrage. Wie groß die Hohe-Wand-Wiese ist, ist nicht angegeben.

Im Gegenzug seien die Vereine für Betrieb und Instandhaltungen verantwortlich, betont das Sportamt. Dennoch ist derzeit offenbar eine Kostenübernahme durch die Stadt für eine Reparatur am Schlepplift im Gespräch. Diese wird laut dem Verein rund 30.000 Euro kosten.

Nicht zuletzt stellen Eder und Bernhardt in ihrer Beschwerde in den Raum, dass dem Verein das 2016 von ihnen eingereichte Konzept zugespielt wurde und es dieser kopiert habe. Ähnliche Anschuldigungen gegen Waldner tauchten zuletzt rund um das Wiener Oktoberfest im Prater auf. Auch dagegen wehrt sich der Verein: Man habe nicht einmal gewusst, dass die Schischule ein Konzept eingereicht habe, sagt Huber. Jenes der Mountainbiker habe jedenfalls keine "Vorschläge oder Ideen der Nutzung als Wintersport- oder Skianlage" enthalten.

Prüfung durch Rechnungshof offen

Ob der Stadtrechnungshof eine Prüfung einleiten wird, ist noch offen. Die Mountainbiker streben auf der Hohe-Wand-Wiese "aufgrund der stark verändernden klimatischen Bedingungen" langfristig eine möglichst ganzjährige Nutzung an. Bereits jetzt werde der Saisonstart auf Februar verlegt, und das Ende auf November, sagt Huber. Das sei mit ein Grund für die Differenzen mit der Schischule gewesen, heißt es aus dem Verein. Denn diese habe den Hang in den Semesterferien im Februar nutzen wollen.

Wintersportanfänger können künftig noch auf die Dollwiese in Wien-Hietzing ausweichen. Auch dort gibt es einen Förderband-Lift, der Schnee muss aber von oben kommen. In den vergangenen Jahren war das laut Sportamt "an vereinzelten Tagen" der Fall. (Stefanie Rachbauer, 10.10.2022)